Wie behindert bist du eigentlich?!

Die Grundbedürfnisse im Blick

Wenn ein Kind wütend wird, ausrastet oder traurig ist, fragt man sich oft:
„Warum ist mein Kind jetzt so wütend bzw. traurig? War der Tag einfach zu viel? Fehlt ihm/ihr Schlaf? Was ist los?“

Ein Modell, das hier unterstützen kann:

Das Eisbergmodell von Katia Saalfrank. Es ist schnell erklärt:Ganz oben, auf der Spitze des Eisbergs sozusagen, ist das Verhalten. Das können wir sehen. Wir sehen, wie das Kind ausrastet oder weint, lächelt oder sich ängstigt.

Darunter, schon im Wasser, aber noch sichtbar, liegen die Gefühle – Wut, Traurigkeit, Freude, Angst usw. Diese motivieren das Verhalten des Kindes.

Und darunter wiederum, für uns nicht mehr sichtbar, liegen die Grundbedürfnisse. Laut Saalfrank sind es vor allem diese drei:

  • Sicherheit – z.B. ein Dach über dem Kopf, aber auch Sicherheit in Beziehungen, ein fester Platz innerhalb der Familie,
  • Verbindung – z.B. zu Mama, Papa, den Geschwistern usw. sowie
  • Autonomie – das Bedürfnis selbstwirksam zu sein.

Es lohnt sich zu schauen, nicht nur, welche Gefühle stehen hinter dem Verhalten des Kindes, sondern vor allem auch, welches Grundbedürfnis? Denn genau das können gerade kleine Kinder, aber auch größere nicht ansprechen. Sie zeigen es mit ihrem Verhalten.

Ein Beispiel:

Angenommen Du hast gerade das Ziel, Dein Kind soll zukünftig alleine in seinem/ihrem Zimmer schlafen. Aber jeden Abend gibt es genau deswegen Theater. Es schreit und weint bis es letztendlich doch im Elternbett schlafen darf.

Verbindung:

Ein Bedürfnis, das hier hinter stecken könnte, ist das nach Verbindung. Es wünscht sich Nähe – auch nachts. Hier lohnt es sich zu überlegen, wie dieses Bedürfnis trotz der Trennung nachts Raum finden kann.

Möglicherweise, indem man gemeinsam mit dem Kind beschließt, abends dafür ein bisschen länger zu kuscheln oder ein Buch zu lesen. Die Türen zwischen Kinderzimmer und Schlafzimmer in der ersten Zeit offenzulassen, weil dann die Verbindung mehr da ist. Oder auch morgens vorm Aufstehen zunächst eine Kuschelzeit einzulegen, um die Verbindung zu stärken und zu feiern.

Sicherheit:

Ein anderes Bedürfnis, das dahinter stecken könnte, ist das nach Sicherheit. Möglicherweise fühlt sich das Kind noch nicht sicher genug, um in seinem Bettchen alleine zu schlafen.

Es könnte dann Sinn machen, ein paar Tage gemeinsam im Kinderzimmer zu schlafen, um das Schlafen dort kennenzulernen. Oder man läuft gemeinsam die Wege ab – z.B ins Bad, ins Elternschlafzimmer – so dass das Kind eine bessere Orientierung bekommt, sich sicherer fühlt. Oder vielleicht hilft ein neues „Mut-Tier“, ein Kuscheltier, das ganz viel Kraft und Mut besitzt und dafür sorgt, dass das Kind nicht alleine ist.

Autonomie:

Auch denkbar, hinter dem Weinen abends steckt das Bedürfnis nach Autonomie. Früher konnte das Kind immer entscheiden, „Ich schlafe bei Mama und Papa!“ Jetzt bekommt es diese Privileg entzogen, die Eltern sagen, wo geschlafen wird.

In diesem Fall könnte es helfen, gemeinsam zu überlegen, bei was darf das Kind zukünftig (mehr) mitbestimmen, vielleicht sogar mal den Ton angeben?
Es können ganz kleine Dinge sein – z.B. Wer darf mittwochs nachmittags nach dem Kinderturnen als erste/r durch die Haustüre gehen? Oder versuchen, den Joghurt mittags alleine zu öffnen (trotz vermutlicher Sauerei im Anschluss). Oder abends die Geschichte bestimmen, die vorgelesen wird oder… oder…

Es lohnt sich zu schauen, welches Grundbedürfnis könnte gerade hinter dem Verhalten meines Kindes stecken?

Nicht, um es anschließend sofort zu erfüllen, sondern um es wahrzunehmen und zu überlegen, wie es Raum finden kann. Manchmal reicht es auch, es einfach zu benennen mit (z.B. „Ich merke, es macht Dich gerade richtig wütend, dass Du den Joghurt nicht alleine aufbekommst.“) und darüber ins Gespräch zu kommen – je nach Alter des Kindes natürlich unterschiedlich.

Wenn ich im Coaching mit Eltern über dieses Modell spreche, verändert sich häufig die Perspektive auf die jeweilige Situation mit ihrem Kind. Es wird klarer, warum ihr Kind so handelt, wie es handelt. Oft entstehen dabei auch bereits erste Ideen für Handlungen und Lösungen.

Wie geht`s Dir mit diesem Modell? Schreibe es in die Kommentare!

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