Wie behindert bist du eigentlich?!

Warum Vergleiche für die Katz sind!

Ich habe mich früher immer wieder mit anderen Kindern verglichen. Und da niemand in meiner Umgebung eine Hemiparese hatte, konnte ich nur verlieren. Ich habe immer wieder festgestellt: Die anderen können besser rennen, klettern, Fahrradfahren usw. Und das hat was mit mir gemacht. Ich fühlte mich mies und ich verfluchte meine Hemiparese.

Aus Eltern-Coachings weiß ich:

Auch viele Eltern vergleichen ihr Kind mit anderen. Und das ist auch irgendwie klar, denn, man ist als Mama bzw. Papa ja nicht blind. Man sieht andere Kinder, die kein Handicap haben und vieles einfach besser und/oder schneller können (z.B. laufen, basteln, Fahrradfahren).
Hinzu kommt: In der Kindheit wird einfach viel festgeschrieben. Es wird immer wieder gesagt: „Ein Kind in dem Alter muss das und das können, um „normal“ entwickelt zu sein.“. Bei vielen sorgt das für zusätzlichen Druck.

Was passiert, wenn wir vergleichen?

Naja, man stellt zunächst wahrscheinlich erst einmal fest: „Mein Kind kann das im Vergleich zu dem Anderen nicht oder nicht so gut.“.

Wenn es auf der Ebene bleiben würde (auf der Fähigkeitenebene), wäre es ja gut. Denn, dann könnte man zum dem Schluss kommen: „Okay, mein Kind kann das noch lernen.“ oder „Wir finden Strategien, wie er/sie es lernen kann.“.

Aber es macht oft etwas mit Eltern, wenn sie merken, ihr Kind kann vieles noch nicht, vor allem, wenn sie es zusammen mit ihrem Kind schon oft geübt haben. Es macht etwas mit ihrer Identität als Mama bzw. Papa. Denn viele bekommen das Gefühl: „Ich als Mama bzw. Papa mache etwas falsch.“ oder „Ich fördere nicht genug.“.

Und das löst natürlich schlechte Gefühle aus. Das Ding ist, sobald wir uns schlecht fühlen, rutscht unser Gehirn in den Stressmodus. Und in diesem Modus wird das bewusste Denken abgeschaltet. Das war schon in der Steinzeit so. Sobald unser Gehirn etwas Negatives, also eine potentielle Gefahr erkannte (z.B. der Säbelzahntiger im Gebüsch), fuhr unser Körper alle Funktionen hoch, die er jetzt brauchte, um zu kämpfen, zu flüchten oder sich totzustellen. Die Atmung beschleunigte, der Puls erhöhte sich, das Adrenalin schoss durch unseren Körper. Andere Körperfunktionen, die nicht benötigt wurden, wurden heruntergefahren; unter anderem eben das bewusste Denken. Denn, es wäre denkbar ungünstig gewesen, wir hätten erst einmal eine Pro- und Contra-Liste zu dem Thema begonnen: Soll ich jetzt kämpfen, flüchten, mich todstellen? Nein, der Säbelzahntiger hätte uns längst gefressen!

Früher war dieser Modus also überlebensnotwendig. Heute behindert er uns jedoch oft, weil wir ohne unser bewusstes Denken nicht nach Lösungs- und Handlungsmöglichkeiten suchen können. Im Gegenteil, unsere Gedanken kreisen einfach nur um Negatives und es ändert sich nichts!

Vergleiche bei mir

Wie gesagt, auch ich hatte lange Zeit ein Thema mit Vergleichen. Bei mir führte es oft dazu, dass ich mich weniger wertig fühlte, weil ich nicht so viel konnte, wie die anderen. Mein Coach erklärte mir deshalb, als ich anfing mein Handicap zu verbessern:

„Janina, lass die Vergleiche mit anderen weg. Konzentriere Dich mal bewusst auf das, was Du schaffst und fang an, Dich mit Dir selbst und Deinem Fortschritt zu vergleichen.“.

Und das tat ich. Ich fokussierte mich auf meine Fortschritte und hielt sie fest; u.a. mit diesem Blog. Und es half mir sehr! Zugegeben, natürlich sah ich noch die anderen und was sie besser konnten. Aber es machte nicht mehr viel mit mir, weil ich sah: Auch ich kann mich verbessern, Erfolge sammeln, Ziele erreichen; eben in meinem eigenen Tempo.

Mein Impuls für Eltern:

Neigst Du auch manchmal dazu, Dein Kind mit anderen zu vergleichen und führt das auch bei Dir dazu, dass Du schnell ins Grübeln kommst und Dich als Mama bzw. Papa hinterfragst?

Dann ist mein Impuls: Sobald Du merkst, „Hey, ich vergleiche gerade wieder!“, denke mal ganz bewusst

  • „Stopp!“. Das unterbricht Deinen Gedankenfluss.

Und konzentriere Dich dann darauf:

  • „Was ist Dein nächster Schritt, den Du mit Deinem Kind angehen willst? Wo sind Deine Einfluss- und Handlungsmöglichkeiten?“. Weil, dann bist Du bei Dir und dem, was Du tun kannst.

Oder konzentriere Dich nach dem „Stopp!“ darauf:

  • Was hast Du schon alles mit Deinem Kind geschafft? Welche kleineren und größeren Erfolge hattest Du?

Schreibe es Dir vielleicht sogar mal auf! Denn, oft geht genau das im Alltag unter. Unser Gehirn ist nämlich so gestrickt, dass es Negatives 3x mehr wahrnimmt als Positives und Neutrales. Somit fällt uns vor allem auf, was nicht geht, was problematisch ist, aber weniger, was schon geht und was gut funktioniert. Und, um den Fokus unseres Gehirns zu verändern, ist es unglaublich hilfreich, sich jeden kleinen Erfolg immer wieder bewusst zu machen und ihn aufzuschreiben.

Ich weiß: Diese Vorgehensweise wird auch bei Dir nicht dazu führen, dass Du die anderen Kinder, die Dinge besser können, nicht mehr siehst. Du siehst sie weiterhin und das ist auch absolut okay. Gleichzeitig nimmst Du das nicht als Einladung, Dich sofort als Mama bzw. Papa zu hinterfragen. Stattdessen bleibst Du gedanklich auf der Handlungsebene und konzentrierst Dich darauf, was Du tun kannst, wie Du Dein Kind unterstützen kannst. Und Du sorgst dafür, dass Du in einem neutralen oder sogar positiven Zustand bleibst und nicht in den Stressmodus gerätst.

Deshalb mein Impuls: Probier`s unbedingt aus! Vielen meiner Eltern-Klienten hat das dabei geholfen, sich selbst weniger Druck zu machen und gelassener zu bleiben. Und mit Gelassenheit ging oft viel mehr!

Viel Erfolg beim Ausprobieren!

Ich freue mich auf Deinen Kommentar zum Thema!

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