Wie behindert bist du eigentlich?!

Was tun, wenn das Kind fragt, warum es anders ist als andere Kinder?

Immer mal wieder habe ich die Frage von Eltern bekommen:

„Was soll ich sagen, wenn meinem Kind sein Handicap auffällt und es fragt, warum es anders ist als andere Kinder? … warum es sich anders bewegt, warum es bestimmte Dinge einfach nicht so gut kann?

Wichtig ist, diese Frage ernstzunehmen!

Ich denke, es bringt an dieser Stelle nichts, die Frage abzutun und zu sagen: „Ach das stimmt doch gar nicht. Du bist nicht anders.“ Denn das Kind kommt nach dem Vergleich mit anderen offensichtlich zu einem anderen Schluss. Im schlimmsten Fall fühlt es sich sogar von seinen Eltern nicht richtig wahrgenommen, wenn sie diese Reaktion zeigen.

Das Kind versucht seinen Platz zu finden!

Sich mit anderen zu vergleichen ist ganz normal. Damit fangen wir schon im Kleinkindalter an. Wir erfahren dadurch, was wir besonders gut können, aber auch, worin wir weniger gut sind und worin andere vielleicht besser sind als wir. Wir lernen uns selbst sowie unsere Stärken und Schwächen einzuschätzen.

Insofern sind Vergleiche mit anderen eigentlich durchaus sinnvoll.

Nachfragen ist wichtig!

Wenn Dein Kind sich fragt, warum es anders ist als andere Kinder, kann es sehr hilfreich sein, es zunächst zu fragen, woran es das festmacht bzw. woran es das merkt. Denn auch das signalisiert dem Kind: „Ich nehme Dich und Deine Äußerungen ernst.“ Außerdem kann die Antwort auf diese Frage ziemlich unterschiedlich ausfallen und somit auch die elterliche Reaktion.

Zwei Beispiele:

  1. Manche Kinder mit Handicap beziehen diese Feststellung darauf, dass sie ein bestimmtes Hilfsmittel benötigen, das andere nicht brauchen (z.B. eine Orthese). In diesem Fall macht es Sinn, im gemeinsamen Gespräch genau darauf einzugehen und herauszustellen, dass Kinder Unterschiedliches benötigen. Das eine braucht eine Brille, um besser sehen zu können, ein anderes trägt eine Zahnspange, um schönere Zähne zu bekommen und wieder ein anderes trägt eine Orthese, um gut laufen zu können. Dadurch wird dem Kind bewusst, dass es mit dem vermeintlichen Anderssein gar nicht so alleine ist.
  2. Andere Kinder mit Handicap wiederum kommen zu dem Schluss, anders zu sein, weil sie beobachtet haben, dass sie vielleicht bestimmte Dinge nicht so gut können wie andere Kinder. In diesem Fall macht es Sinn zu thematisieren, dass jeder Mensch unterschiedliche Stärken hat. Der eine kann das ganz besonders gut, der andere das.

Versteh mich bitte richtig!

Es geht nicht darum, sobald das Kind z.B. traurig sagt: „Ich bin in Sport schlechter als die anderen.“, blind seine Stärken in verschiedenen anderen Bereichen aufzuzählen. In diesem Fall wird sich das Kind mit seinen Gefühlen sehr wahrscheinlich wenig ernstgenommen fühlen. An der Stelle hilft es vermutlich deutlich mehr, dem Kind zu vermitteln: „Ich verstehe Dich. Ich verstehe, dass Dich das traurig macht.“ und es zu trösten. Daraufhin kann es aber sehr wohl sinnvoll sein, einmal gemeinsam mit dem Kind zu überlegen: „Was sind Deine Stärken? Worin bist Du besonders gut?“ Denn so hat es die Möglichkeit, nicht mehr nur das zu sehen, was es (noch) nicht kann, sondern auch wahrzunehmen, was es schon alles schafft. Das stärkt das kindliche Selbstbewusstsein.

Eine weitere Möglichkeit: Mut machen

Wenn das Kind feststellt, dass es bestimmte Dinge nicht so gut kann, ist es oft hilfreich, dem Kind Mut zuzusprechen und ihm zu sagen: „Wenn Du etwas wirklich können willst, dann finden wir einen Weg, wie Du genau das schaffen kannst.“ So bekommt das Kind auf der einen Seite das Gefühl, dass es Dinge, die es vielleicht zurzeit noch nicht beherrscht, lernen kann. Es weiß somit: „Ich kann Einfluss nehmen. Ich kann Neues lernen.“. Auf der anderen Seite weiß es: „Da ist jemand, der mir dabei helfen kann. Ich bin nicht alleine.“

Und genau das macht unglaublich viel Mut. Das Kind ist nicht mehr in Gedanken bei dem, was es nicht kann, sondern bei dem, was es lernen will.

Eine Geschichte von mir: Früher habe ich mich ständig mit anderen Kids verglichen!

Im Sportunterricht war ich nach meiner Einschätzung grundsätzlich die Schlechteste. Ich konnte nicht so schnell laufen, nicht so gut werfen, war nicht so stark wie die anderen. Und genau diese Einschätzung hat mich jede Woche aufs Neue fertiggemacht.

Es hat lange gedauert bis ich gemerkt habe: Beim Vergleichen mit anderen kann ich nur verlieren! Und noch viel länger hat es gedauert, bis ich verstand: Wenn ich mich mit anderen vergleiche, werde ich passiv. Ich stelle nur fest, was ich alles nicht kann, bemitleide mich anschließend selbst und ändere trotzdem nichts!

Etwas verändern konnte ich erst, als ich aufhörte, mich mit anderen zu vergleichen und ich anfing, mich auf mich zu konzentrieren; auf das, was ich schon konnte, was ich lernen wollte und auf meine Entwicklung. Kurz gesagt: Ich fing an, mich mit mir selbst zu vergleichen. Und genau das hat mich unglaublich weit gebracht! Ich kam nicht nur aus meinem Negativ-Denken heraus („Ich bin schlechter als die anderen.“), sondern ich erkannte auch, dass ich aktiv Einfluss nehmen und dass ich mit meinem Körper Neues lernen konnte, wenn ich es wirklich wollte.

Wenn Dein Kind schon etwas älter ist,…

… es ebenfalls dazu tendiert, sich oft mit anderen (gesunden) Kids zu vergleichen und dabei immer wieder das Gefühl bekommt „Ich bin schlechter als die anderen.“, könntest Du gemeinsam mit ihm/ihr einmal über das Thema Vergleichen sprechen.

Stelle heraus, dass Du als Mama bzw. Papa den Eindruck hast, dass ihn/sie die Vergleiche traurig machen und sie ihn/sie nicht wirklich weiterbringen. Und, wenn er/sie ein Fan vom Vergleichen ist, motiviere ihn/sie vielleicht, sich zukünftig mehr mit sich selbst zu vergleichen.

Motiviere Deinen Sohn, Deine Tochter, sich Ziele zu setzen, aktiv und ggf. gemeinsam daran zu arbeiten und die eigenen Fortschritte festzuhalten. Auf diese Weise ist er bzw. sie bei sich und nicht mehr bei den anderen. Er/sie erlebt sich als aktiv Handelnde/r und das hilft unglaublich dabei, das eigene Selbstwertgefühl zu stärken.

Konkret zusammengefasst: Das kannst Du tun:

  • Nimm die Feststellung Deines Sohnes, Deiner Tochter („Ich bin anders als andere“) ernst. Stelle Nachfragen (z.B. „Woran merkst Du das?“).
  • Vermittle ihm/ihr, dass alle Menschen unterschiedlich sind, jeder unterschiedliche Stärken und Fähigkeiten hat und Unterschiedliches braucht.
  • Mache ihm/ihr Mut, dass er/sie Neues lernen, dass er/sie sich Ziele setzen und daran arbeiten kann und dass Du ihn/sie gerne dabei unterstützt.

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