Wie behindert bist du eigentlich?!

Fehler, die Eltern und Verwandte immer wieder machen und wie Du sie verhindern kannst!

Inzwischen werde ich immer wieder von Eltern angeschrieben, deren Kinder Hemiparese oder eine ähnliche besondere körperliche Situation haben. Sie fragen mich:
„Was hat Dir früher als Kind gut getan?“
„Wie haben Dich Deine Eltern unterstützt?“
„Was kann ich als Mama/Papa anders machen?“

Heute will ich nicht genau diese Fragen beantworten!

Stattdessen möchte ich heute und auch nächste Woche gerne mal auf ein paar Fehler eingehen, die Eltern oder auch andere Verwandte von Kindern mit einer körperlichen Situation immer wieder machen (aus meiner Sicht). Denn diese Fehler hängen in vielerlei Hinsicht mit den Fragen zusammen, die mir Eltern häufig stellen.

Außerdem will ich darauf eingehen, wie Du als Mama bzw. Papa diese Fehler verhindern könntest; das Ganze aus meiner subjektiven Sicht als „Betroffene“.

Also: Los geht`s!

1. Fehler: Die Suggestion: „Du kannst das nicht.“

Ich habe es als Kind immer wieder gehört. Ich verriet meiner Oma: „Wenn ich groß bin, werde ich Kellnerin.“
Meine Oma daraufhin: „Ich glaube, Du kannst das wegen Deiner Behinderung nicht.“
Und das war kein Einzelfall. Meine ganze Familie war früher schnell dabei zu sagen: „Hör mal Janina, ich glaube, das ist zu schwer für Dich.“ oder „Das schaffst Du nicht.“
Egal, ob es ums Kochen, Backen oder ums Tragen schwerer Gegenstände ging.

Mir ist die gute Absicht dahinter bewusst!

Meine Familie wollte mich schützen vor Enttäuschungen und Überforderung. Außerdem soll man Kinder ja nicht anlügen.

Ich weiß von vielen Eltern, deren Kinder eine besondere körperliche Situation haben, dass sie hin und hergerissen sind.

Auf der einen Seite wollen sie ihrem Kind Selbstbewusstsein vermitteln und ihm viel zutrauen. Auf der anderen Seite sehen sie dessen vermeintliche Grenzen und wollen nicht, dass es sich überfordert.

Feststeht: Der Satz: „Du kannst das nicht.“ hat Auswirkungen!

Das Kind merkt, dass es irgendwie anders ist als andere. Es ist in seinen Handlungsoptionen begrenzt; Es kann nicht alles machen, was andere Kids in seinem Alter so tun.

Deshalb bin ich kein Fan von diesem Satz!

Denn häufig tendieren Eltern schon dazu zu sagen: „Das ist zu schwer für Dich.“ oder „Du kannst das nicht.“, obwohl es ihr Kind noch nie zuvor ausprobiert hat (z.B. backen, mit der Schere schneiden, basteln oder auch schwerere Dinge wie rollschuhlaufen, klettern oder skifahren).
Was ist denn, wenn das Kind merkt, es muss nur seine Technik verändern (z.B. einhändig arbeiten) und schon kann es das gleiche wie seine Freunde?

Kinder schaffen häufig mehr als wir ihnen zutrauen! Ich z.B. habe einhändig stricken gelernt, ich fahre ganz normal Ski und Auto; 3 Dinge, die mir zuvor nur ganz wenige Menschen zugetraut haben.

Deshalb mein Tipp an der Stelle:

Wenn Du Mama oder Papa von einem Kind mit Hemiparese oder einer ähnlichen körperlichen Situation bist: Höre Dir an, was Dein Kind können will und findet zusammen Wege, wie es genau das schaffen kann. Seid optimistisch und werdet gemeinsam kreativ. Ich bin mir sicher: So werdet Ihr zu einem noch besseren Team!

2. Fehler: Zu viel Hilfe

Dieser Fehler hängt mit dem 1. zusammen. Es geht um so Sätze wie:
„Komm, ich nehme Dir das ab.“ oder
„Lass mich das lieber machen.“

Auch diese Sätze kenne ich gut aus meiner Kindheit. Meine Mutter sagte sie immer gerne, wenn sie:

  • gerade keine Zeit hatte, darauf zu warten, dass ich mit einer bestimmten Aufgabe fertig wurde, die sie doppelt so schnell hinbekam wie ich,
  • wenn ihr die Geduld ausging
  • oder, wenn sie mich davor schützen wollte, mich zu überfordern.
    Die Lösung: Helfen, helfen helfen… und das häufig, ohne überhaupt zu fragen, ob ich Hilfe haben wollte.

Auch hier wieder: Die positive Absicht ist klar erkennbar!

Ich soll mich auf keinen Fall zu sehr überanstrengen, negative Erfahrungen sammeln oder mich ggf. sogar verletzen.

Das Problem: Kinder bekommen mit, dass ihre Eltern wenig Vertrauen in ihre Kompetenzen haben!

Sie fühlen sich (mit der Zeit) unfähig, Dinge, die sie herausfordern, selbstständig anzugehen und lösen. Im schlimmsten Fall entwickeln sie selbst kaum Vertrauen in ihre eigenen Kompetenzen und Fähigkeiten. Dies wiederum macht den Aufbau eines gesunden Selbstbewusstseins äußerst schwierig.

Deshalb mein Tipp:

Wenn Dein Kind schon in dem Alter ist, in dem es aktiv nach Hilfe fragen kann: Warte darauf, dass es Dich um Hilfe bittet. So greifst Du nicht vorschnell ein.
Oder: Wenn es Deinem Kind schwerfällt, Hilfe einzufordern: Frage es, ob Du ihm helfen kannst. So verhinderst Du, dass Du Deinem Kind einfach seine Arbeit wegnimmst und sozusagen im Alleingang bestimmst, dass es dieses oder jenes nicht kann.

Ist Dein Kind noch zu klein, Dich um Hilfe zu bitten, ist es etwas schwieriger. Doch ich bin mir sicher: Auch kleine Kinder geben bereits viele Signale.
Wenn Du merkst, Dein Kind ist gerade total vertieft in einer Aufgabe, die Du eigentlich für zu schwierig für es hältst: Warte erst einmal ab und greife nicht sofort ein. Beobachte es und greife erst ein, wenn Du merkst, es wird ungeduldig bzw. unzufrieden. So kann Dein Kind selbst feststellen, was es kann und was vielleicht gerade noch zu schwierig für es ist. In jedem Fall: Es erlebt sich als jemand, der selbst aktiv ist und nicht als jemand, dem alles abgenommen wird.

Zum Abschluss: Ein Beispiel von mir und meiner Familie:

Mir war es früher sehr wichtig, dass ich mein Geschirr, das ich während des Essens benutzt habe, selbst in die Spülmaschine räumen konnte. Nachdem ich x-Mal meinen Teller fallen gelassen hatte (er fiel mir immer wieder aus der Hand), besorgte meine Mutter mir Plastikgeschirr. Das konnte ich selbst wegräumen, ohne dass es zu Bruch ging. So fühlte ich mich ein Stück selbstständiger und ich war glücklich, das gleiche zu können wie meine älteren (und gesunden) Geschwister.

Das waren 2 Fehler, die viele Eltern machen!

Am Donnerstag will ich hier auf dem Blog gerne noch auf ein paar weitere eingehen, Dir auch dort meine Sicht als Betroffene schildern und mögliche Lösungen vorschlagen.
Mir ist sehr wichtig, dass Du Dich dadurch als Mama bzw. Papa nicht angegriffen oder Dich in Deiner erzieherischen Kompetenz kritisiert fühlst.

Mein Ziel ist es, Dir dabei zu helfen, Dein „besonderes“ Kind vielleicht noch ein wenig besser zu verstehen, stärker auf es einzugehen und es bestmöglich zu fördern.

Kennst Du die Fehler, die ich Dir gerade gezeigt habe, von Dir als Mama bzw. Papa auch?
Wie gefallen Dir meine Tipps? Und hast Du weitere Anregungen?
Ich freue mich auf Deinen Kommentar zum Thema!

P.S.: Wenn Du Dich als Mama bzw. Papa unsicher fühlst und gerne mehr Tipps haben würdest, wie Du Dein Kind noch besser unterstützen kannst, dann lass uns telefonieren.
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