Wenn die Orthese einfach nicht passen will…
Ein Thema, das ganz viele Eltern zwischendurch beschäftigt:
Dein Kind hat eine neue Schiene oder Orthese und sie will einfach nicht passen. Sie wurde schon (mehrfach) angepasst und verändert, aber sie sitzt nach wie vor nicht richtig.
In manchen Fällen passiert das sogar bei mehreren Orthesen hintereinander. Und irgendwann zweifelt man daran, ob die Orthese überhaupt der richtige Weg ist… Total verständlich!
Auch bei mir hat es gefühlt Ewigkeiten gedauert, bis meine heutige Fußorthese zumindest zu 90 % passte. Zu 100 % saß bisher noch keine Orthese bei mir.
Ich glaube, das liegt auch daran,…
… dass viele Orthesen bis heute nicht unbedingt mit Menschen mit Handicap entwickelt werden, sondern (nur) für Menschen mit Handicap.
Unabhängig davon kann das „Einfach-nicht-passen-wollen“ zu Unsicherheiten führen…
… bei Eltern und beim Kind. Dein Kind hat vielleicht schon gar keine Lust mehr, sie zu tragen und Du selbst wirst auch schon langsam „frustig“, weil die letzte Anpassung wieder nicht viel gebracht hat.
Das wiederum überträgt sich aufs Kind und ein kleiner Teufelskreis beginnt.
Wenn es Familien so geht, frage ich deshalb manchmal auch:
Ist die Orthese, um die es geht, jetzt gerade und dauerhaft erforderlich?
Oder gibt es alternative Möglichkeiten?
Versteh` mich bitte richtig:
Orthesen können total hilfreich und auch wichtig sein – vor allem wenn sie passen und das Kind damit gut zurecht kommt.
Wenn dem aber nicht so ist und man bereits einiges versucht hat, die Orthese anzupassen, kann es sich lohnen, zu schauen, ob es Alternativen gibt…
Z.B.:
- spezielle Dehnübungen für die Hand oder den Fuß, die man abends gemeinsam beim Fernsehen macht oder auch morgens zum Wachwerden,
- ein anderes Hilfsmittel,
- eine Veränderung innerhalb der Therapie… oder… oder…
Das hängt natürlich immer vom Ziel der jeweiligen Schiene oder Orthese ab – was die Orthese bewirken soll (z.B. den Fuß dehnen, eine bestimmte Bewegung unterstützen oder… oder…).
Manchmal dauert es, bis man eine Alternative findet…
… oft auch, weil es von OrthopädietechnikerInnen, TherapeutInnen oder ÄrztInnen heißt:
„Wenn Ihr Kind die Orthese nicht regelmäßig trägt, dann kann schlimmstenfalls das… und das… passieren!“ Und das kann zusätzlich verunsichern.
Gleichzeitig weiß ich aus eigener Erfahrung und auch von vielen meiner KlientInnen: Meist gibt es mehr als einen Weg, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen.
Als Kind kam ich z.B. gar nicht mit meiner Handschiene zurecht…
Ich sollte sie beim Schlafen tragen, um meinen Daumen währenddessen außen und die Hand leicht geöffnet zu halten. Leider habe ich den Stoff der Schiene auch nach mehrfacher Änderung nicht vertragen (ich bekam immer Ausschlag). Und dadurch lag sie bald nur noch neben mir auf dem Nachttisch.
Mir haben stattdessen Dehnübungen geholfen, meinen Daumen außenzuhalten.
Für meinen Fuß wiederum nutze ich heute gerne meine Orthese, weil sie mittlerweile ziemlich gut passt und ich einen guten Zeitpunkt gefunden habe, sie zu tragen – nicht nachts, wie es eigentlich gedacht ist, sondern abends auf der Couch beim Fernsehen. Da bin ich ähnlich entspannt, wie beim Schlafen und die Orthese kann meinen Fuß dehnen.
Und zusätzlich helfen mir gezielte Dehnübungen, meinen Fuß noch beweglicher zu machen.
Jede/r ist anders und braucht Unterschiedliches.
Und es lohnt sich, zu schauen,…
… was Dein Kind und Du brauchen, was Euer Weg ist.
Und wenn ein bestimmtes Hilfsmittel mal gar nicht in Euer Leben passt, überlegt vielleicht mal:
Gibt`s Alternativen, die Ihr ausprobieren könnt?
Und nehmt Euch dann einen Zeitraum (von z.B. 2-8 Wochen), in dem Ihr die neuen Möglichkeiten testet. Und sollten die neuen Ansätze nicht funktionieren oder nicht gut genug, könnt Ihr dann wieder auf die Orthese zurückgreifen, einen neuen Anlauf wagen. Sie läuft nicht weg 😉
Last but not least: Manchmal ist gar nicht die Passform das Thema. Manchmal geht`s um den Ort…
Es gibt Kinder, die ihre Orthese beispielsweise nicht so gerne in der Kita oder Schule tragen. Vielleicht auch, weil sie zwar stabilisierend beim Laufen wirkt, aber insgesamt unbeweglicher macht, wenn man z.B. auf dem Boden spielt.
Wenn sie nicht zwingend für`s Laufen benötigt wird, könnte man auch überlegen, ob man sie erst nach der Kita oder der Schule trägt.
Oder, falls es genau anders herum ist – die Schiene/Orthese wird vor allem in der Kita/Schule gebraucht, weil sie dort hilft, besser zu schreiben oder zu laufen – dann könnte sie besonders in den Zeiten getragen werden. Und nachmittags ist dann Orthesen-Pause.
Bei allem, was Ihr ausprobiert, ganz viel Erfolg. Und schreibe gerne mal in die Kommentare: Welche Erfahrung habt Ihr bisher mit Orthesen gemacht? Ich freue mich drauf!
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