„Janina, welche Förderungen hattest Du als Kind?“
In ganz vielen Gesprächen mit Eltern bekomme ich diese Frage gestellt; häufig verbunden mit der Frage: „Welche und wie viele Therapien braucht unser Kind?“
Ich will heute besonders auf die 1. Frage eingehen, denn die 2. ist sehr individuell, hier lohnt es sich, genauer hinzuschauen. Einen Tipp hierzu findest Du unten im Blogbeitrag.
Welche Förderungen hatte ich?
Wie Du vielleicht schon mitbekommen hast: Ich habe meine Hemiparese von Geburt an. Als meiner Familie auffiel, dass ich meine rechte Hand und mein rechtes Bein wenig bis gar nicht bewegte, war ich wenige Monate alt.
Daher bekam ich schnell (mit etwa 3 Monaten) einmal pro Woche Physiotherapie nach Bobath; eine spielerische Therapie zur Stärkung des ganzen Körpers, des Rumpfes und vor allem meiner rechten Seite.
Parallel dazu wurde ich viel untersucht. Alle möglichen Diagnosen galt es auszuschließen. Meine Mama hat mir erst neulich erzählt, dass besonders diese Zeit sehr herausfordernd für sie war; die Zeit während der Diagnose-Findung. Es war einfach alles offen und unklar.
Dann, nach etwa 9 Monaten, stellte sich heraus, dass ich eine rechtsseitige Hemiparese habe und dass es ab jetzt wichtig war, meine rechte Seite immer wieder zu stärken und zu fördern.
Daraufhin bekam ich zusätzlich zur Physiotherapie noch Frühförderung einmal pro Woche; ebenfalls eine spielerische Förderung meiner rechten Seite.
Meine absolute Lieblingsübung:
In der Frühförderstelle gab es in einem der Behandlungszimmer einen hohen Spiegel. Und genau den durfte ich regelmäßig mit Rasierschaum in meiner rechten Hand einschmieren. Hier sieht man den Spiegel im Hintergrund. Zu schade, dass ich kein Foto von den Rasierschaum-Aktionen habe ;).
Es war jedes Mal eine große Sauerei, aber mit Spaßfaktor!
Bei meiner Oma und ihren Spiegeln durfte ich das auch öfter üben. Überhaupt hat meine Familie viel mit mir geübt und sich jede Menge einfallen lassen.
Ich erinnere mich noch an Tisch-Sets, die zu Autobahnen für meine rechte Hand wurden. Wir stellten uns vor, die Rillen in den Sets wären schnelle Straßen, die ich mit meinem rechten Zeigefinger möglichst schnell entlangfahren muss.
Ich erinnere mich ans beidhändige „Bude-Bauen“ mit meinen Brüdern (eine kleine Höhle aus Decken, Tischen und/oder Hölzern), an die Ausflüge auf Spielplätze mit meiner Mama, ans Ski-Training mit meinem Papa.
Pferde sind tolle TherapeutInnen 😉
Später, im Alter von 5 Jahren, ging ich zum 1. Mal zum therapeutischen Reiten; eine Therapie, in der es darum geht, Übungen auf einem Pferd zu machen. Das Pferd wird währenddessen von einer Person geführt, ein/e TherapeutIn läuft nebenher, gibt mir Hilfe und Anleitung.
Mal ging es in der Therapie darum, Bälle zu fangen und zu werfen, während das Pferd im Schritttempo lief. Manchmal sollte ich mich auf dem Pferd im Sitzen umdrehen. Und mal stand ich sogar auf einem Pferd, während es lief; ein besseres Gleichgewichtstraining gibt’s, glaube ich, nicht!
Es war die meiste Zeit großartig, obwohl ich lange Zeit Angst vor Pferden hatte. Aber ich entdeckte dadurch auch meine große Leidenschaft als Kind: Reiten. Das begann ich übrigens mit 7 Jahren; zwar keine offizielle Therapie, aber sehr hilfreich für meine rechte Seite (z.B. Zügel halten, Balance im Schritt, Trab und Galopp).
Das hat für mich nicht funktioniert:
In der Grundschulzeit bekam ich mal eine Handschiene für die Nacht. Sie sollte mir dabei helfen, Daumen und Zeigefinger leichter „auseinanderzukriegen“, indem sie den Bereich zwischen Daumen und Zeigefinger passiv dehnte. Dadurch sollte mir der Zangengriff leichter fallen.
Es war eine hübsche blaue Schiene mit Weltraum-Motiv außen (natürlich selbst ausgesucht ;)). Innen wurde sie von einem roten Samtstoff überzogen. Und genau auf diesen Stoff reagierte ich innerhalb weniger Tage allergisch. Ich bekam jede Menge Ausschlag, der wahnsinnig juckte.
Ein paar Versuche, den Stoff zu verändern und die Schiene luftdurchlässiger zu machen, scheiterten. Der Ausschlag tauchte immer wieder auf.
Daher lag die Schiene bald nur noch auf meinem Nachttisch neben mir, statt meine Finger zu dehnen.
Im Verlauf meiner Jugend überlegten meine Eltern verschiedene weitere Therapiemöglichkeiten. Z.B. eine Verlängerung der Achillessehne gegen meinen Spitzfuß, auch Botox war im Hinblick auf meinen Fuß im Gespräch.
Gleichzeitig wollte ich all das nicht! Ich wollte einfach Kind bzw. Jugendliche sein, ab und an zur Therapie gehen und das wars!
Und im Nachgang bin ich froh, dass mich meine Eltern nie zu etwas gezwungen haben, was ich nicht wollte. Für mich war es der absolut richtige Weg!
Klar hätte die ein oder andere weitere Förderung vielleicht helfen können, ob ich damit aber glücklicher geworden wäre, ich weiß es nicht.
Was ich auf jeden Fall weiß:
Die eigene Beweglichkeit lässt sich auch im Erwachsenenalter weiter verbessern und ausbauen! Ich habe beispielsweise im Alter zwischen 21 und heute deutlich mehr geschafft als zwischen 14 und 20. Vor allem, weil ich selbst motiviert war und anfing, wieder mehr an mich zu glauben.
Was ich auch immer wieder merke: Nicht nur bei mir, auch bei meinen kleinen KlientInnen:
Nicht die Menge der Therapien und Förderungen ist entscheidend!
Daneben spielen viele weitere Faktoren eine große Rolle:
- z.B. klar, die Fachkompetenz und die pädagogischen Fähigkeiten der TherapeutInnen.
- Aber auch die Beziehung zwischen Kind, Eltern und TherapeutIn ist entscheidend. Wenn sie stimmt und das Vertrauen da ist, ist viel gewonnen!
- Auch Spaß an den Therapien ist hier sehr hilfreich. Fakt ist, nicht alles kann Spaß machen, manche Übungen – da muss man einfach durch; das weiß ich sehr gut aus eigener Erfahrung. Aber vieles sollte eben auch Freude machen und Erfolgserlebnisse mit sich bringen.
- Und natürlich spielt auch eine große Rolle, was außerhalb der Therapien passiert; wie man im Alltag (spielerisch) übt und trainiert.
Das kann sehr hilfreich sein:
In meinen Coachings mit Eltern geht`s oft um die Frage: „Wieviel Förderung braucht mein Kind?“ Und meist schauen wir uns zunächst an:
Was ist an Therapie bereits da? (z.B. Physio, Ergo, Frühförderung usw.) Wie trainiert das Kind im Alltag? Und von dort aus überlegen wir weiter: Was könnte darüber hinaus helfen? Braucht`s überhaupt mehr Förderung im Augenblick? Oder ggf. sogar mehr Trainings-Pausen?
Was auch sehr hilfreich ist und das habe ich in den Gruppen-Coachings und Seminaren mit Eltern gemerkt: Der Austausch unter Eltern rund um diese Fragen!
Es ist toll zu wissen: Andere fragen sich auch „Fördern wir genug? Müssten wir nicht noch viel mehr machen?“ Wiederum andere haben da ihren Weg schon gefunden, können von sich erzählen, Tipps und Empfehlungen geben.
Deshalb ist es mein Ziel, Eltern ab jetzt regelmäßig zusammenzubringen…
… und gemeinsam in den Austausch zu gehen!
Dafür habe ich mir etwas Besonderes überlegt! Was genau – das verrate ich Dir hier:
Mehr Infos rund ums Eltern-Coaching findest Du hier (klick)>>
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