Wie behindert bist du eigentlich?!

Wie nach einem anstrengenden Tag noch aufraffen und trainieren?

Bei Facebook bin ich neulich gefragt worden:

„Kannst Du mal einen Beitrag darüber machen, wie ich mich nach einem arbeitsreichen Tag motivieren kann, an meiner Hand zu arbeiten, statt zu entspannen?“

Und da habe ich gedacht: Klar, das mach` ich! Also, los geht`s! Hier kommen 3 Tipps!

  1. Zielklarheit

Ich weiß, ich sag`s immer wieder, aber das ist die absolute Basis für Motivation: ein Ziel!

Du musst wissen, wofür Du trainierst, warum Du Dir den „Aufwand“ machen willst. Denn eine neue Gewohnheit entwickeln (wie z.B. täglich/alle 2 Tage zu trainieren), ist Aufwand und kostet unser Gehirn jede Menge Energie. Energie, die es gerne sparen würde, da es am Tag sowieso schon viel davon verbraucht.

Genau deshalb sollte es auch ein Ziel sein, das Dich begeistert, etwas das Du wirklich können willst.

Ziele wie „Ich will meine Feinmotorik verbessern.“ oder „Ich will meine Beweglichkeit verbessern.“ reichen da oft nicht aus, weil nicht klar ist: Was bedeutet das jetzt? Was kann ich danach mehr?

Daher: Welche ganz konkreten Bewegungen würdest Du gerne mit Deiner Hand und/oder Deinem Arm können?

Hier ein paar Beispiele an denen ich selbst gearbeitet habe oder die ich mit KlientInnen zusammen angegangen bin:

  • eine Tasche tragen,
  • Gläser halten,
  • mit Messer und Gabel essen,
  • Dich am Geländer festhalten beim Treppen laufen,
  • ein Peace-Zeichen machen,
  • etwas schneiden (z.B. Gemüse oder Obst),
  • an der Konsole spielen,
  • das Lenkrad im Auto steuern… Was würde Dich motivieren?

Ein weiteres Beispiel:

 Angenommen, Du weißt schon: „Ich will lernen, meine Finger zu strecken und meine Hand zu öffnen.“ Tolles Ziel!

Und gleichzeitig würde ich von hier aus unbedingt weiter überlegen:

Du willst Deine Hand öffnen können, um dann WAS damit zu tun? Was kannst Du dann mehr? Welche Bewegungen klappen dann (besser)?

  • B. jemanden umarmen?
  • Jemandem ein High Five geben?
  • Deinen Hund streicheln?
  • Jemandem die Hand reichen?

Und von hier aus gehe tiefer:

Angenommen, Du willst trainieren, Deine Hand zu öffnen, um jemanden zu umarmen: Wen würdest Du als erstes in die Arme schließen wollen? Und in welcher Situation?

Oder wem würdest Du gerne ein High Five geben, nachdem Du es geübt hast? Wo und in welchem Moment?

Das Gleiche natürlich auch mit den anderen Zielen. Angenommen, Du willst Dein Lenkrad im Auto beidhändig steuern: Wo würdest Du als erstes hinfahren, wenn Du es trainiert hast? Wer wäre bei Dir und würde Dich auf dieser Fahrt begleiten? Oder würdest Du am liebsten alleine losbrausen?

Indem Du Dir Gedanken über diese Fragen machst, entsteht sehr wahrscheinlich ein Bild in Deinem Kopf. Du siehst Dich in der Bewegung. Du siehst Dich vielleicht, wie Du z.B. Deine/n PartnerIn umarmst oder wie Du mit einem/einer Deiner FreundInnen eincheckst, wie und wohin Du mit Deinem Wagen fährst.

Möglicherweise ist es auch kein Bild das Du siehst, sondern ein bestimmtes, positives Gefühl, das entsteht. Jedes Gehirn ist da anders.

Aber genau das brauchen wir: Ziel-Bilder und/oder Gefühle, die uns begeistern und die uns für unser Training motivieren.

Das Sektglas und ich

Wie Du vielleicht schon weißt, mein 1. Ziel war: Ich wollte gerne ein Sektglas halten und daraus trinken können. Das war die Bewegung, die ich lernen wollte. Aber das alleine war nicht das, was mich motivierte.

Es war folgendes Bild: Ich wollte gerne mit meinen Mädels in der Disco stehen mit einem Sektglas in der rechten Hand und gemeinsam mit ihnen bei guter Musik anstoßen.

Das hat mich motiviert und zwar richtig! Und es hat dazu geführt, dass ich mich nach über 7 Jahren zu Hause mal wieder hingesetzt und angefangen habe, mit meiner rechten Hand genau das zu trainieren.

Vielen KlientInnen, mit denen ich gearbeitet habe, ging es ähnlich, nachdem wir ihre Zielbilder entwickelt hatten. Sie waren deutlich motivierter, hatten mehr Spaß am Üben, wodurch sie wiederum schneller Erfolge sammelten.

Deshalb: Zieleklarheit ist ganz, ganz wichtig für die Motivation!

Was an dieser Stelle natürlich auch zentral ist: Übungen, die dazu passen, Trainings, die dabei helfen, Dein Ziel/Deine Ziele zu erreichen.

Physio- und/oder ErgotherapeutInnen sind hier oftmals super AnsprechpartnerInnen.

Auch der Alltag bietet meist tolle Möglichkeiten, Deine jeweilige Zielbewegung zu üben. Hierauf einzugehen, würde allerdings den Rahmen dieses Blogbeitrags sprengen. Aber, wenn Du Dir Ideen wünschst, schreibe mir eine E-Mail an info@wie-behindert-bist-du-eigentlich.de. Dann schauen wir uns Deine Situation genauer an und entwickeln gemeinsam Ideen.

Kommen wir zu Tipp Nr. 2:

  1. Führe ein Erfolgstagebuch!

Ja, ich weiß, auch hier wiederhole ich mich. Aber das Erfolgstagebuch war bisher bei nahezu jedem/jeder meiner KlientInnen ein absoluter Game-Changer! Und kaum jemand von ihnen hat es im Vorfeld geführt. Deshalb werde ich`s nicht müde, es immer wieder zu schreiben.

Warum ein Erfolgstagebuch?

Zunächst ein kleiner Ausflug in die Funktionsweise unseres Gehirns. Was fällt Dir hier auf:

  1. 1 + 2 = 3
  2. 4 + 1 = 7
  3. 3 + 2 = 5
  4. 4 + 5 = 9

Die meisten, mit denen ich dieses Experiment gemacht habe, sagen:

„Die 2. Aufgabe ist nicht korrekt. 4 + 1 ist nicht 7.“ Vielleicht ging es Dir gerade ähnlich und Dir ist das als erstes aufgefallen.

Was uns dabei aber entgeht: Alle 3 anderen Aufgaben sind ja richtig! Aber das beachten wir nicht großartig. Wir sehen besonders das falsche Ergebnis.

Und das liegt einfach daran, dass wir Negativ-Wahrnehmer sind. Wir sehen immer das vermehrt, was nicht reinpasst, was nicht läuft oder was falsch ist. Das hängt damit zusammen, dass unser Gehirn viel mehr Botenstoffe ausschüttet, um einen negativen Reiz zu verarbeiten, als bei positiven oder neutralen Reizen.

Und mit diesen Botenstoffen bildet unser Gehirn Neuronenverbindungen (Verbindungen zwischen Nervenzellen). Diese Verbindungen werden immer gebildet bzw. gefestigt, egal ob bei positiven, neutralen oder negativen Reizen. Durch die vermehrten Botenstoffe gelingt es bei negativen Reizen jedoch deutlich schneller. Und deshalb nehmen wir Negatives schneller und leichter wahr.

Früher war das durchaus sinnvoll. Wir konnten dadurch auf Gefahren wie Raubtiere schnell reagieren.

Heute führt dieser Negativ-Fokus oft dazu, dass wir auch im Alltag vermehrt das sehen, was nicht läuft bzw. was noch nicht geht (z.B. die Finger strecken, selbst mit Messer und Gabel essen, Auto fahren).

Und das kann schnell zu Frust führen und mit der Zeit auch zu Motivationslosigkeit, nach dem Motto: „Bringt ja eh` nichts.“ oder „Ich komme einfach nicht vorwärts!“

Und hier kommt das Erfolgstagebuch ins Spiel!

Indem Du täglich 2-5 (kleinste) Erfolge aufschreibst, trainierst Du Dein Gehirn, mehr darauf zu achten, was schon gut funktioniert und was Dir gelingt.

Wenn Du das ein paar Wochen durchziehst, wirst Du merken: Du bist motivierter, weil Du jeden Tag feststellst: „Es geht vorwärts!“ Und genau diese Stimmung braucht`s, um im Training weiter Gas zu geben und auch, um sich nach einem langen Arbeitstag für`s Training zu begeistern.

Außerdem wirst Du automatisch mehr darauf schauen, was schon geht, einfach damit Du abends etwas in Dein Erfolgstagebuch, Dein Handy oder Deinen Computer eintragen kannst. Ein Erfolgstagebuch muss nicht unbedingt ein Buch sein! Ich selbst habe einen Blog als mein Erfolgstagebuch gewählt ;).

Wenn Dir Schreiben noch schwerfällt, nutze ggf. die Audiofunktion Deines Handys und spreche Dir Deine Erfolge auf. 

Und wie gesagt, es können kleinste Erfolge sein, die Du festhältst!

Du hast es geschafft, Deine Hand bei der Physio-/Ergotherapie ein bisschen mehr zu entspannen? Erfolg!

Du hast heute das 1. Mal probiert, einen Lichtschalter mit Deiner betroffenen Hand anzuschalten? Erfolg!

Du hast es heute geschafft, Dein Training durchzuziehen? Erfolg!

Ich weiß, oftmals sehen wir diese kleinen Dinge nicht als Erfolg an. Aber mal ganz ehrlich: Der größte Erfolg ist nur möglich durch die vielen kleinen Schritte vorher.

Und wenn Du die wertschätzt und wahrnimmst, ist die Wahrscheinlichkeit deutlich höher, dass Du motiviert dranbleibst.

Tipp Nr. 3:

  1. Entwickle Deinen individuellen Trainingsplan!

Möglicherweise denkst Du jetzt: „Das ist aber Arbeit.“ und es stimmt. Aber ohne Plan passiert meistens das: Nichts!

Denn unser Gehirn setzt sich nicht in Bewegung, wenn es nicht weiß, wann es was tun soll. Es sagt dann lieber: „Morgen ist auch noch Zeit fürs Üben.“ Und zack, verschoben.

Mit einem Plan schaffst Du Orientierung und es fällt Dir deutlich leichter, die einzelnen Schritte dann auch zu gehen, im besten Fall mit jeder Menge Motivation, weil Du ja weißt, wofür Du trainierst (siehe Tipp 1).

Deshalb macht es Sinn, Dich einmal mit Deiner Woche auseinanderzusetzen und zu überlegen:

  • Wann macht Dein Training Sinn?
  • Welche Tage sind voller Termine? An welchen hast Du mehr Zeit und Ruhe für Dein Training?
  • Gibt es eine bestimmte Uhrzeit, wann Du besonders fit bist?

Um dann zu schauen:

  • An welchen Tagen trainierst Du? Z.B. montags, dienstags, donnerstags und freitags
  • Welche Übungen/Trainings machst Du wann? Z.B. montags Greifübungen mit dem Glas, anschließend Dehnen, dienstags übe ich, indem ich mehrmals den Tisch abwische und diese Übungen aus meiner Ergotherapie mache… usw.
  • Wann trainierst Du? Z.B. montags früh nach dem Aufstehen, dienstags um 15 Uhr nach der Arbeit, donnerstags… usw.
  • Und wie lange trainierst Du? Z.B. montags 30 Min., dienstags 20 Min. usw.

Ganz wichtig ist auch:

Plane mindestens einen Tag ein, an dem Du Dir eine Pause vom Trainieren gönnst, Dich bewusst entspannst und auf andere Dinge konzentrierst. Denn sonst bist Du unter Daueranspannung, was mit der Zeit eher zu mehr Unbeweglichkeit führen kann als zu mehr Beweglichkeit; das, was Du ja eigentlich willst.

Und auch hilfreich:

Abwechslung – Denn Neues ist spannend für unser Gehirn!

Klar, Wiederholung ist das A und O beim Trainieren von Bewegungen. Je häufiger wir eine bestimmte Bewegung machen, desto besser können wir sie lernen.

Und trotzdem macht es Sinn, regelmäßig Schwung ins Training zu bringen und Dinge zu verändern. Z.B. mal draußen statt drinnen zu trainieren, Übungen auszuwechseln und durch neue zu ersetzen, beim Lauftraining die Strecke zu verändern usw.

Vielen hilft es auch, einen „Hand- und einen Fuß-Tag“ einzuführen und beispielsweise montags nur die Hand zu trainieren und dienstags den Fuß. Auch dadurch kommt Abwechslung ins Spiel und Du hast täglich einen konkreten Fokus. An einem Tag konzentrierst Du Dich auf Dein(e) Ziel(e) mit Deiner Hand, am anderen auf die mit Deinem Fuß.

Probier`s selbst mal aus und schaue, wie die Idee für Dich funktioniert.

Jetzt geht`s ans Umsetzen!

Für mehr Motivation komm` ins Handeln, am besten jetzt sofort! Schreibe Deine Ziele JETZT auf bzw. überlege Dir, was Du gerne können willst, was Dich motivieren und begeistern würde.

Schreibe dabei vielleicht sogar schon in Dein Erfolgstagebuch: Welche Bewegungen gelingen Dir alle schon? Was hast Du schon (wieder) gelernt? Und entwickle anschließend einen Trainingsplan, der zu Dir und Deiner Woche passt!

Ich bin sicher: Danach startest Du deutlich motivierter und mit mehr Elan in Dein Training! Ganz viel Erfolg Dir dabei!

Schreibe unbedingt in die Kommentare: Welche Ziele motivieren Dich? Ich freue mich auf Deinen Kommentar zum Thema!

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