Komisch angestarrt werden; kennst Du das auch?
Früher hatte ich oft das Gefühl, auf der Straße von anderen komisch angestarrt zu werden.
Ich humpelte damals mehr als heute, stolperte auch manchmal noch über meine eigenen Füße. Das fiel anderen auf, zumindest war ich fest davon überzeugt!
Wenn dann jemand schaute, während ich lief, verkrampfte ich!
Die Konsequenz: Mein Gangbild verschlechterte sich zusätzlich und meine Gefühle sackten automatisch in den Keller.
Ich schämte mich für mein Laufen, verfluchte innerlich diejenigen, die mich anstarrten. Hatten die nichts Besseres zu tun?!
Situationen wie diese passierten mir immer wieder.
Eine Sache ist mir über die Zeit klargeworden:
Es war und ist immer meine eigene Bewertung der Situation, die dazu führt, dass ich mich so fühle!
Ich habe die Blicke der Leute immer meiner „Behinderung“, meinem offensichtlichen Makel zugeschoben. Ich konnte mir gar nicht vorstellen, dass mich Leute aus einem anderen Grund anschauten.
Und weil mir meine „Behinderung“ nicht gefiel, ging ich davon aus, dass sie auch anderen negativ auffallen musste.
Aber ist meine Bewertung der Situation wahr oder könnte sie nicht auch ganz anders sein?
Ich habe nie jemanden gefragt, warum er oder sie mich anstarrt, also habe ich faktisch gar keine Ahnung! Er oder sie könnte theoretisch auch geschaut haben, weil, ihm/ihr mein T-Shirt gefiel, weil ich gerade so einen komischen Gesichtsausdruck gemacht habe oder weil er/sie mich hübsch fand.
Aber nein, ich dachte immer gleich daran: Er oder sie sieht eh` nur mein Handicap und hat mich deshalb komisch angestarrt.
2 Dinge haben mir geholfen, positiver mit Situationen umzugehen, in denen mich andere angucken:
1. Die Einsicht: Jeder Mensch darf denken, was auch immer er will; …
… macht er sowieso. Das kann ich nicht verhindern und will es auch gar nicht, schließlich mache ich das ja genauso!
Ich weiß, das klingt jetzt im ersten Moment überhaupt nicht hilfreich. Aber in dem Moment, indem ich mir Gedanken darüber mache, was der andere gerade wohl über mich denkt, hilft mir der Satz bis heute tatsächlich:
„Jeder darf denken, was er will.“
Weil in dem Moment, wo ich mir das klarmache, höre ich auf, den anderen für seine vermeintlichen Gedanken zu verurteilen. Ich kann mich wieder mehr auf mich selbst konzentrieren und darauf, was ich denke.
Weil ganz ehrlich: Meine Gedanken sind es, auf die es ankommt! Sie führen dazu, dass ich mich gut oder schlecht fühle. Sie führen dazu, dass ich beim Laufen locker bleibe oder total verkrampfe.
Und 2. Die Umbewertung der Situation
Wenn ich doch nicht genau weiß, warum mich jemand ansieht, kann ich die Situation doch auch so bewerten, wie ich will!
Ich muss nicht denken, der andere starrt mich an, weil ich eine „Behinderung“ habe!
Ich kann mir stattdessen auch alternative Gründe überlegen, warum er das tut; z.B.
- weil meine Haare heute einfach umwerfend aussehen,
- weil ich so hübsch lächle oder auch,
- weil ich gerade einen guten Witz gemacht habe.
Und die Gründe müssen überhaupt nicht wahr sein, das ist nicht wichtig. Aber sie lenken mich von der negativen Bewertung ab, die ich der Situation sonst gebe. Und sie sind alle positiv. Das heißt, ich kann in meinem neutralen oder sogar positiven Zustand bleiben und verkrampfe nicht.
Ich weiß von vielen meiner Klienten, dass sie oft das Gefühl haben, von anderen wegen ihres Handicaps komisch angestarrt zu werden.
Vielleicht kennst Du das auch von Dir.
Mein Tipp:
Überlege Dir in solchen Momenten auch mal alternative, positive Gründe, weshalb man Dich anschaut. Wie gesagt, sie müssen gar nicht zutreffen, sie können auch witzig und völlig unrealistisch sein; dann musst Du wahrscheinlich sogar grinsen ;). Ich habe mir mal überlegt, jemand schaut mich gerade an, weil er eigentlich ein Alien ist und ich der erste Mensch bin, den er sieht; klar, dass er mich so komisch anstarrt! Ich fand das sehr amüsant!
Die Konsequenz: Dein Gehirn ist beschäftigt und zwar mit der Suche nach positiven, vielleicht auch außergewöhnlichen Gründen und nicht mehr mit der Negativbewertung.
Ich bin sicher: Es fällt Dir so leichter, Dich auch in diesen Situationen gut zu fühlen oder auch, und das reicht ja schon aus, in einem neutralen Zustand zu bleiben.
Probier`s aus! Ich wünsche Dir ganz viel Erfolg dabei!
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