Wie behindert bist du eigentlich?!

„Welches Hilfsmittel passt zu mir?“ Warum es bei dieser Frage auf Dein Denken ankommt!

In letzter Zeit werde ich immer mal wieder gefragt:
„Janina, hast Du eigentlich Erfahrungen mit Orthesen? Und hast Du vielleicht Tipps für mich, welche Orthese zu mir passen könnte?“

Meine Antwort auf die 1. Frage:

Ja, ich habe Erfahrungen mit Orthesen.

Als ich noch kleiner war, schätzungsweise so 9 oder 10 Jahre, bekam ich eine Orthese für die rechte Hand bzw. den rechten Arm, die ich über Nacht tragen sollte. Sie sollte mir dabei helfen, dass meine Hand in der Nacht offen und auch mein Handgelenk in einer geraden Position blieb.

Cooles Ziel, allerdings reagierte ich ein paar Wochen, nachdem ich die Orthese zugeschickt bekommen hatte, allergisch auf das Innenfutter der Orthese. Ich bekam am Arm und in der Hand Ausschlag.

Die Konsequenz: Schon nach wenigen Wochen schlief ich wieder ohne das Hilfsmittel; bis vor kurzem..

Seit etwa 3 Monaten trage ich wieder eine Orthese; eine Nachtlagerungsorthese für mein rechtes Bein. Das Ziel: die passive Dehnung meiner Achillessehne.

Allerdings trage ich die Orthese nicht nachts (wie man bei einer Nachtlagerungsorthese annehmen sollte), sondern abends für einige Zeit, da ich nachts Druckstellen von ihr bekomme.

2. Frage: „Hast Du Tipps, welche Orthese zu mir passt?“

Wie Du gerade gelesen hast, habe ich selbst nur ein paar Erfahrungen mit Orthesen. Da kennen sich die Sanitätshäuser deutlich besser aus und können verschiedenste Varianten anbieten.

Trotzdem habe ich einen Tipp:

Ganz gleich, welches Hilfsmittel Dich interessiert (eine Orthese, ein neuer Rollstuhl, elektronische Muskelstimulation, was auch immer):
Dein Denken bzw. Deine Einstellung gegenüber dem Gerät hat großen Einfluss darauf, ob und wie es Dir letztendlich wirklich hilft!

Ein Beispiel: Meine Orthese und ich

Als ich die Orthese für mein Bein bekam, war ich zunächst wenig begeistert. Es war für mich sehr ungewohnt, sie zu tragen. Außerdem stellte ich schnell fest, nachts konnte ich sie einfach nicht tragen. Ich musste sie, wenn überhaupt, abends anziehen. Dabei kam mir gleich der Gedanke:
„Man, das sieht richtig kacke aus!“

Es fühlte sich so an, als würde ich statt einen Schritt nach vorne, einen nach hinten machen. Die Orthese machte meine Hemiparese wieder sichtbarer. Ich hatte plötzlich abends einen Klotz am Bein. Das gefiel mir gar nicht. Und so trug ich die Orthese nur selten und möglichst kurz.

Es dauerte, bis ich merkte: Mit dieser Einstellung geht`s nicht! Mit dieser Denkweise kann ich die Orthese vergessen, hätte sie am besten gar nicht erst bei der Krankenkasse beantragt!

Es musste eine andere Einstellung her!

Und das gelang mir schließlich, indem ich meinen Fokus veränderte; weg von dem, wie ich mit der Orthese aussah, hin zu dem, wobei mir die Orthese helfen sollte; nein, helfen wird:

Sie hilft mir auf Dauer dabei, noch besser zu laufen, zu rennen, zu tanzen und insgesamt beweglicher zu werden!
Und diese Ziele sind mir wichtiger, als dass ich vorübergehend abends nicht so cool aussehe.

Was hat sich dadurch verändert?
Inzwischen ist die Orthese für mich ein richtiges Trainingsgerät für mein Bein; ähnlich wie meine Therapieknete, die Murmeln und Steinchen für meine Finger.
Ich habe deutlich mehr Motivation, die Orthese regelmäßig zu tragen. Ich ziehe sie fast jeden Abend an.

Insofern: Die eigene Einstellung, das eigene Denken über das jeweilige Gerät, entscheidet mit, ob und inwiefern es uns wirklich hilft und ob es zu uns passt.

Mein Tipp für Dich:

Wenn bei Dir gerade die Entscheidung ansteht, Orthese ja oder nein (oder auch ein anderes Hilfsmittel), frage Dich:
Welche Gedanken kommen in Dir hoch, wenn Du an das Gerät, das Hilfsmittel denkst? Eher positive oder negative?

Und wenn Du feststellst, es sind eher negative, dann überlege mal:
Was muss das Gerät, das Hilfsmittel leisten, dass Du es trotzdem regelmäßig und motiviert nutzt?
Welches Ziel willst Du damit erreichen?

Die gleichen Fragen lohnt es sich natürlich auch zu stellen, wenn Du bereits eine Orthese oder ähnliches besitzt, sie jedoch kaum oder gar nicht trägst.

Und noch zum Abschluss:

Falls Du bei Deinen Überlegungen merkst: „Ich habe absolut keine Lust auf die Orthese, das Hilfsmittel!“, dann bitte lass sie weg!

Es bringt nichts, Dich immer wieder dazu zu zwingen, sie zu tragen. Dann ist das einfach nicht Dein Weg und das ist auch absolut in Ordnung!

Ich bin sicher: Es gibt weitere Möglichkeiten, wie Du mit einem guten Gefühl an Dein Ziel kommen kannst.

Welche Erfahrungen hast Du mit Orthesen, bzw. Hilfsmitteln allgemein? Schreibe es in die Kommentare!

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