Wie behindert bist du eigentlich?!

Inlineskaten – Kann ich das?

Es war etwas bewölkt, aber trocken. Wir standen vor einem kleinen Häuschen, dessen Tür offen stand. Doch in der Tür stand ein Holztisch, der den Eingang versperrte. Wir stellten uns davor und blickten in den abgedunkelten Raum hinein. Hinter dem Tisch waren ganz viele Fahrräder, Helme und Schutzkleidung. Und beim genaueren Hinsehen entdeckten wir in den Regalen genau das, was wir suchten: Inlineskates.

 

Wieder eine Aktivität, vor der ich eigentlich Angst hatte… Inlineskates fahren!

Schuhe mit Rollen darunter wirkten auf mich nicht wirklich vertrauenserweckend. Als Kind hatte ich es ein-, zweimal versucht, mich mit den Rollen „anzufreunden“, erst auf Rollschuhen und später auf Inlineskates. Doch nachdem ich immer wieder umgekippt war und eine ziemlich große Angst davor entwickelt hatte, erklärte ich dieses Experiment für beendet.

Jetzt wollte ich den Inlineskates nochmal eine Chance geben. Ich hatte zwar Angst davor, mich wieder ständig hinzulegen, aber…

 

…ich sah es auch als riesige Chance, aus meiner Komfortzone herauszukommen und mich meiner Angst zu stellen.

Also nahm ich mir vor, mir Inlineskates auszuleihen und darauf das Fahren zu erlernen.

 

Heute war es dann soweit

Mein Freund und ich fuhren zum Kemnader See nach Bochum, um uns dort Inlineskates auszuleihen.

Hinter dem Tisch im Eingang des Hauses tauchte ein junger Mann auf. Er fragte uns, was wir leihen wollten. Wir bestellten zwei Paar Inliner, zwei Helme und jede Menge Schutzschoner für mich. Mein Freund konnte bereits inlineskaten, weshalb er auf die Schutzschoner weitgehend verzichtete.

Zur Anprobe der Schuhe kamen wir durch einen externen Eingang in den Verleih. Dort zogen wir unsere Ausrüstung an. Schnell stellte ich fest: Die Inlineskates rollten, sobald sie auf dem glatten Boden im Verleih aufkamen.

 

Doch zu meiner Überraschung: Ich hatte keine Angst.

Normalerweise zittere ich innerlich, wenn ich vor einer neuen Herausforderung stehe. Ich mache mir einen Kopf, was gleich passieren wird. Ob ich hinfallen oder irgendwo gegen donnern werde.

Aber heute war ich ziemlich ruhig. Irgendwie hatte ich gleich Vertrauen in die rollenden Schuhe. Die mentalen Techniken, von denen ich Dir vor zwei Wochen erzählt habe und die ich unbedingt mal ausprobieren wollte, benötigte ich heute gar nicht.

 

Jetzt ging`s los!

Wir verließen den Verleih auf den Inlineskates. Mein Freund fuhr vor mir und zog mich langsam hinter sich her. Ich ließ mich vorwärts rollen. Es war ganz schön wackelig. Etwas mulmig wurde mir dann schon, doch es war kein Vergleich zu meiner panischen Angst von früher. Ich war einfach aufgeregt, weil ich nicht wusste, was jetzt kam.

 

Dann standen wir vor dem Verleih. Unter uns war glatter dunkler Asphalt. Alleine das Stehenbleiben auf dem Boden stellte eine Herausforderung dar. Immer wieder rollte ich einfach weg. Ganz schön rutschig diese Dinger.

Schließlich hielt mich mein Freund fest, sodass ich nicht wegrutschen konnte.

 

Und dann ging es ans Fahren!

Mein Freund stellte mich an einer Hauswand ab und zeigte mir zunächst, wie man auf Inlineskates fuhr. Dabei stellte ich fest: Er lief eigentlich wie auf ganz normalen Schuhen. Naja fast. Er hob abwechselnd ein Bein an, während er das andere hinter sich herzog. Und währenddessen glitt er einfach über den Boden. Es sah sehr faszinierend aus. Und dann war ich dran! Mein Freund kam zu mir und zog mich wieder auf den glatten Asphalt.

 

Inlineskates sind schwerer als normale Schuhe.

Das bemerkte ich sofort, als ich versuchte, meine Inlineskates (erst mal nur im Stehen) abwechselnd anzuheben. Es fühlte sich merkwürdig an, für kurze Zeit einbeinig auf dem Boden zu stehen beziehungsweise zu rollen. Wenn mein rechter Fuß alleine auf dem Boden stand, knickte er immer wieder nach innen weg. Die schmalen Rollen unter meinen Füßen machten es mir nicht gerade leicht, meinen rechten Fuß gerade zu halten.

 

Meine ersten Fahrversuche endeten auf dem Hintern.

Schließlich ging es tatsächlich ans Fahren. Mein Freund gab mir unzählige Anweisungen. Ich sollte leicht in die Knie gehen, mich gerade halten, die Beine weiter auseinandernehmen und meine Füße immer wieder vom Boden abheben. Meine ersten Fahrversuche gingen daneben. Ich rutschte weg, einmal fiel ich sogar komplett um; dank der vielen Schoner gar nicht schmerzhaft.

 

Dann entdeckte ich meinen neuen besten Freund: das Geländer.

An dem Teil des Kemnader Sees, wo wir waren, war ein Geländer angebracht, der den See vom Fußweg trennte. An diesem konnte ich mich festhalten und am See entlang fahren. Naja, fahren ist ein wenig zu viel gesagt. Denn ich lief mehr, als dass ich fuhr. Meine erste Aufgabe bestand nämlich darin, zu lernen, die Inlineskates vom Boden hochzubekommen. Gar nicht so leicht. Doch nach etwa einer halben Stunde gelang es mir ganz gut. Ich entschied mich wieder für das mobile Geländer: die Hand meines Freundes.

 

Und jetzt klappte das Fahren auch schon viel besser.

Mein Freund fuhr rückwärts, ich hinter ihm her. Jetzt gelang es mir, die Schuhe vom Boden zu bekommen. Dabei das Gleichgewicht zu behalten und aufrecht stehenzubleiben, war noch schwierig. Aber von Minute zu Minute ging es besser.

 

 

Und dann war die Zeit auch schon wieder vorbei.

Ich schaffte es noch nicht, komplett alleine zu fahren, aber immerhin fuhr ich jetzt mehr als das ich lief; und das schon relativ zügig. Stehenbleiben hatte ich inzwischen auch schon drauf.

 

Dann war es 18 Uhr. Der Fahrrad- und Inlineskates-Verleih wollte schließen. Deshalb beeilten wir uns und fuhren umgehend wieder in die kleine Halle des Verleihs. Wir gaben unsere Sachen ab und liefen, jetzt wieder auf normalen Schuhen, noch ein Stück am See entlang.

 

Für mich steht fest:

Mein erstes Ziel ist erreicht. Ich habe mich getraut und mich meiner Angst vorm Inlineskaten gestellt. Und es hat funktioniert. Ich habe noch immer großen Respekt vor den rollenden Schuhen, aber ich bin mir sicher: Ich kann es lernen, auf ihnen zu fahren und das auch mit Hemiparese. Vielleicht dauert es etwas länger als bei anderen, aber es ist möglich. Und ich will mir auf jeden Fall noch häufiger Inlineskates leihen und das Fahren üben. Wer weiß, vielleicht habe ich ja ein neues Hobby für mich entdeckt.

 

 

Warst Du auch schon Inlineskates fahren? Wie gefiel es Dir? Fiel es Dir eher leicht oder schwer?

Schreibe gerne einen Kommentar unter diesen Eintrag. Ich freue mich darauf.

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