Wie behindert bist du eigentlich?!

Segwayfahren – Ein voller Erfolg

Vor einiger Zeit habe ich die Kann-Ich-Liste veröffentlicht. Darauf sind Aktivitäten festgehalten, die ich mir aufgrund meiner besonderen körperlichen Situation bisher nicht zugetraut habe. Und genau diese Aktivitäten probiere ich nach und nach aus, um festzustellen, ob ich sie nicht doch ausführen kann. Dieses Mal war ich zusammen mit meinem Freund in Amsterdam Segwayfahren.

Segway – Was ist das?

Wie auf der Zeichnung zu sehen ist, besteht ein Segway aus zwei Reifen zwischen denen eine Platte gespannt ist. Um mit dem Segway zu fahren, stellt man sich auf diese Platte. Gesteuert wird ein Segway mittels der Lenkstange vor der Platte, jedoch vor allem mithilfe des eigenen Gleichgewichts.

Lehnt man sich auf dem Segway leicht nach vorne, fährt es vorwärts, lehnt man sich zurück, fährt es rückwärts. Es bleibt stehen, wenn man sich gerade hinstellt, es dreht sich, wenn man die Lenkstange nach links oder rechts dreht und dabei das Gewicht in die eine oder andere Richtung verlagert. Es wird elektronisch betrieben.

Die Segways, mit denen wir gefahren sind, fuhren bis zu 18 Km/h schnell.

Ein riesen Glück für uns

Mein Freund und ich hatten eine Tour für nachmittags um 15 Uhr gebucht. Dummerweise hatte es an diesem Tag in Amsterdam bisher immer wieder ziemlich stark geregnet. Doch kurz bevor wir in dem Laden, der Segwaytouren durch Amsterdam anbietet, ankamen, war es auf einmal trocken und sogar sonnig. Wir hatten also die perfekte Zeit für meine nächste Kann-Ich-Herausforderung abgepasst.

Im Laden angekommen erfuhren wir, dass wir die Einzigen waren, die für diese Uhrzeit eine Tour gebucht hatten. Dies freute mich, denn dadurch hatten wir die Möglichkeit, das Sewayfahren in unserem eigenen Tempo zu erlernen. Wir mussten uns nicht nach anderen Teilnehmern richten.

Ein aufregender Start

Nachdem wir zwei Anmeldebögen ausgefüllt hatten, ging es auch schon los. Wir zogen uns Helme an und folgten zwei jungen Männern, welche unsere Tour leiteten. Beide fuhren in Schrittgeschwindigkeit auf Segways vor uns her. Wir liefen zu einem verkehrsberuhigten Platz, auf dem wenig los war. Ab und zu kamen einzelne Fußgänger oder Fahrradfahrer vorbei, ansonsten war der Platz völlig leer. Hier sollten wir das Segwayfahren üben.

Vorab erklärte einer der Männer, wie die Segways funktionieren und wie wir sie zu bedienen haben. Da er ausschließlich Englisch sprach, verstand ich nicht alles, aber genug, um meine ersten Fahrversuche zu wagen.

Ich war ziemlich nervös, als man mir das Segway vor die Füße stellte und ich darauf steigen sollte. Es sah sehr wackelig aus. Doch ich traute mich, erst einen, dann den anderen Fuß auf die Platte zwischen den Rädern zu stellen. Dabei stellte ich schnell fest: Das Segway sah nicht nur wackelig aus; es bewegte sich ständig vor und zurück, obwohl es einer der Tourenleiter festhielt.

Dann jedoch erinnerte ich mich daran, dass dieses Fahrzeug alleine durch Gleichgewicht zu steuern ist. Also stellte ich mich mit zitternden Beinen gerade hin und hoffte, dass das Segway endlich komplett stehen blieb. Es funktionierte.

Aufgeben ist nicht!

Am liebsten wäre ich nach diesen Sekunden schon wieder von dem wackeligen Ding abgestiegen und hätte mich entspannt in irgendein Café gesetzt. Doch ich wollte nicht aufgeben, bevor ich es nicht wenigstens versucht hatte. Also blieb ich oben auf dem Segway und wartete auf die nächsten Anweisungen unserer Tourenleiter.

Während einer von ihnen nun auch meinem Freund auf ein Segway half, erklärte mir der andere, wie ich mit dem Segway vorwärts, nach links und nach rechts fahren kann. Das Rückwärtsfahren brauchte er gar nicht zu erklären, das tat ich während seinen Ausführungen bereits immer wieder ungewollt automatisch. Ich bemühte mich, den Anweisungen des Trainers zu folgen. Aber die Tatsache, dass sich jede meiner Bewegungen auf das Segway, dessen Fahrtrichtung und Geschwindigkeit auswirkte, machte es mir schwer, tatsächlich zuzuhören.

Segwayfahren ist Übungssache.

Doch irgendwann hatte ich den Bogen raus. Ich schaffte es, gerade stehen zu bleiben, mein Gewicht bewusst nach vorne oder zur Seite zu verlagern und dadurch das Segway vorsichtig zu steuern. Natürlich fuhr ich zunächst nur ganz langsam, während mein Freund bereits mit doppelter Geschwindigkeit und ohne viel Anstrengung an mir vorbei rauschte. Aber irgendwann fasste ich mehr Mut, lehnte mich weiter nach vorne und fuhr so mit einer höheren Geschwindigkeit auf dem Platz herum. Und auch das klappte und fiel mir gar nicht so schwer.

Nachdem wir uns einige Zeit eingefahren hatten, ging es dann darum, über Unebenheiten und kleine Hügel auf dem Boden zu fahren. Inzwischen hatte einer der beiden Tourenleiter zwei weitere Segways für sich und seinen Kollegen aus dem Laden geholt. Und so fuhren wir nacheinander über die Unebenheiten im Boden. Dies war eine weitere Herausforderung für mich. Während das Segway über Hügel und Löcher fährt, ist es nämlich ganz wichtig, ein wenig in die Knie zu gehen. Dadurch ist es leichter, das Gleichgewicht zu halten. Immer erinnerten mich die drei Männer daran, doch ich vergaß es trotzdem ziemlich oft. Und so geriet ich zunächst bei jedem Hügel aus dem Gleichgewicht und musste mich bemühen, mich oben auf der Platte zu halten und nicht herunterzufallen.

Doch auch das gelang mir nach etwas Zeit. Ich ging einfach dauerhaft ein Stückchen in die Knie, so dass ich niemals von Unebenheit im Boden überrascht werden konnte. Und schließlich konnte die Segwaytour endlich losgehen. Einer der Tourenleiter fuhr voraus, einer hinter uns.

Dichter Verkehr in Amsterdams Straßen

Amsterdam ist geprägt von vielen engen zweispurigen Straßen, Brücken und noch mehr Verkehr. Und das hatte starke Auswirkungen auf unser Segway-Abenteuer. Immer wieder mussten wir stehen bleiben, Autos vorbei lassen, zügig die Straßen überqueren und wütenden Fahrradfahrern, deren Fahrradweg wir mitbenutzen, ausweichen. Dazu galt es das Gleichgewicht nicht zu verlieren, schnell vorwärts zu kommen und auch immer wieder Kurven zu fahren. Viel bekam ich von den Sehenswürdigkeiten Amsterdams nicht mit. Dafür war ich viel zu sehr auf das Fahren konzentriert. Doch trotzdem machte es mir großen Spaß. Ich fand die Erfahrung, ein Fahrzeug allein über das Gleichgewicht des eigenen Körpers zu steuern super spannend. Es freute mich sehr, dass ich mein Segway immer besser unter Kontrolle hatte. Zudem war ich ziemlich stolz auf mich, mich schon wieder meiner Angst gestellt zu haben.

Viel zu schnell war die Tour zu Ende.

Ich hätte noch einige Stunden auf dem Segway fahren können, da es einfach so viel Spaß machte. Doch, da das Training im Vorfeld der Tour viel Zeit eingenommen hatte, war die Tour relativ schnell beendet. Aber naja, beim nächsten Segwayfahren werde ich nicht mehr so lange fürs Training benötigen und schneller auf den Straßen unterwegs sein. Meinem Freund hat die Tour ebenfalls sehr gefallen. Er ist bei der nächsten Tour auf jeden Fall wieder am Start.

Ich bin froh darüber, dass auch dieses Kann-Ich-Vorhaben geglückt ist. Ich habe daraus wieder einmal gelernt, dass ich mir und meinem Körper viel mehr zutrauen kann, als es meine Angst zulässt. Selbstverständlich weiß ich, dass mir meine Angst als Schutz vor Verletzungen dient. Dennoch bin ich davon überzeugt, dass ich in meinem Vorhaben, mich selbst zu heilen, besonders dann weiterkomme, wenn ich sie hin und wieder mal überwinde.

Wie stehst Du zu dem Thema Herausforderungen?

Stellst Du Dir regelmäßig welche? Bringen Sie Dich auf Deinem Weg weiter?Schreibe gerne einen Kommentar unter diesen Eintrag. Ich freue mich darauf.

P.S.: Ich kann Dir nur empfehlen, auch einmal eine Segwaytour mitzumachen. Die Erfahrung, ein Fahrzeug nur über das eigene Gleichgewicht zu steuern, ist wirklich richtig toll!

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