Kann ich Kartfahren?
Wir standen vor einer dunklen Tür in einem Hinterhof.
Sie sah wenig einladend aus. Doch dahinter verbarg sich unser Ziel: die Kartbahn HSR (Hans-Sachs-Ring) in Hilden. Wir waren zu viert: mein Freund, dessen Bruder, eine Freundin von mir und ich. Und gemeinsam wollten wir Kartfahren gehen. Für mich war es das erste Mal, die anderen waren schon häufiger auf der Rennstrecke unterwegs und total begeistert davon. Ob ich auch so viel Spaß daran haben würde? Ich war gespannt.
Wir betraten die Indoor-Kartanlage und wurden an der Rezeption freundlich begrüßt. Wir meldeten uns an und wurden dann auch schon auf die Kartbahn gebeten. Diese befand sich hinter einer weiteren Tür, aus der ordentlich Lärm zu hören war. Ein Kartrennen war gerade in vollem Gange.
Es waren nur ein paar Minuten bis unser erstes Rennen losging.
Trotzdem hatte ich kurz die Gelegenheit, mir das Rennen vor uns genauer anzusehen. Alle Fahrer waren ziemlich schnell unterwegs und überholten sich ständig gegenseitig. Ich glaube, keiner von ihnen verwendete jemals die Bremse. Denn sie fuhren nicht um die vielen Kurven, sondern sie rutschten. Ab und zu rammten sich die Fahrer gegenseitig, um aneinander vorbeizuziehen; ein bisschen wie beim Autoscooterfahren auf der Kirmes.
Ich wurde ziemlich nervös. Doch dafür blieb keine Zeit. Denn schon hatten wir Sturmhauben und Helme auf und erhielten unsere Einweisung. Neben uns vieren waren auch noch drei weitere Personen bei der Einweisung mit dabei. Wir würden also zu siebt das 11 minütige Rennen fahren.
Der Typ von der Einweisung erklärte nicht viel.
Ich erfuhr lediglich, dass bei den Karts auf der rechten Seite das Brems- und auf der linken Seite das Gaspedal angebracht war. Gut, dass ich durch meine Fahrstunden für meinen normalen Führerschein inzwischen Übung mit dem rechten Fuß hatte und mit ihm Gas geben konnte.
Darüberhinaus erfuhren wir, dass wir auf rote, gelbe und blaue Fahnen und Lichter achten sollten.
- Die blaue Flagge/ das blaue Licht bedeutete: langsamer fahren und überholen lassen.
- Die gelbe Flagge/ das gelbe Licht bedeutete: langsam fahren und nicht mehr überholen.
- Die rote Flagge/ das rote Licht bedeutete: Die Runde ist beendet. Bitte fahrt ins Ziel.
Die Lichter waren überall auf der Kartbahn angebracht. Die Flaggen wurden von dem Personal hochgehalten und waren nur dann sichtbar, wenn man über die Ziellinie fuhr und eine neue Runde begann. Dort befand sich nämlich eine Brücke, von der aus die Flaggen hochgehalten wurden.
Und dann ging es auch schon los.
Wir bekamen unsere jeweiligen Karts zugewiesen und betraten die Bahn. Ich setzte mich in mein Kart und checkte eilig Gas und Bremse. Und dann heulte auch schon mein Motor auf. Ich wurde für einen kurzen Moment richtig nervös.
Wie steuert man bloß so ein Kart?
Lässt es sich gut lenken?
Und was ist, wenn ich gegen die Bande knalle?
In sekundenschnelle schossen mir diese Fragen durch den Kopf. Für die Beantwortung dieser blieb aber keine Zeit mehr, denn es ging los!
Das Kart vor mir setzte sich in Bewegung und fuhr um die erste Kurve. Ich trat auf das Gaspedal und schon ging es auch bei mir los. Ich nahm die erste Kurve und bemerkte sofort: Es handelt sich hier um eine Direktlenkung. Das Kart reagierte auf jede meiner Bewegungen. Lenkte ich leicht nach links, fuhr es sofort nach links, lenkte ich leicht nach rechts, fuhr es umgehend nach rechts.
Ich war beruhigt. Das Lenken klappte schon mal und ging einfacher als ich es gedacht hatte. Doch sofort wurde ich von hinten überholt. Ich gab nur wenig Gas, weil ich mich erst an mein „Miniauto“ gewöhnen wollte. Und so war ich schnell die Letzte im Rennen. Doch das störte mich kaum. So hatte ich genug Zeit, das Kart und die Rennstrecke kennenzulernen.
Kahrtfahren bedeutet schnell und kurvenreich fahren.
In der Kartbahn waren sehr viele enge Kurven. Kaum führte die Spur nach links, wartete die nächste steile Rechtskurve und so weiter. Ich hatte gerade die erste Runde geschafft, da wurde ich schon wieder von den anderen eingeholt. Ich fuhr wohl doch ziemlich langsam, wobei es mir bei diesen vielen Kurven gar nicht so vorkam. Ich arbeitete noch ziemlich viel mit der Bremse, was wohl dazu führte, dass ich so schnell wieder überholt worden war. Die anderen rutschten einfach um die Kurven und gaben die ganze Zeit über Gas. Mir war das für den Anfang zu schnell.
Das blaue Licht war mein ständiger Begleiter.
Ich sah in diesem Rennen ziemlich oft das blaue Licht aufblitzen, das mich dazu aufforderte, die anderen überholen zu lassen. Meistens klappte der Überholvorgang problemlos. Ab und zu wurde ich jedoch auch mal gerammt. Das Beruhigende dabei: Es tat überhaupt nicht weh. Um die Karts herum war ein breiter fester Stahlrahmen angebracht, der den Aufprall jedes Mal abfederte. Ich rutschte nur etwas auf meinem Sitz herum, ansonsten spürte ich den Aufprall kaum. Auch das beruhigte mich sehr. Obwohl die anderen an mir vorbeidonnerten und die Kurven sehr steil waren, konnte mir nichts passieren.
Nach 11 Minuten war die erste Runde vorbei.
Und ich freute mich darüber. Meine Arme waren schon etwas schlapp von dem vielen nach links und rechts Lenken und dem ständigen Ausweichen vor den anderen Fahrern. Ich war während dieses Rennens viel zu langsam und vorsichtig. Ich vertraute dem Kart noch nicht genug, um einfach nur Gas zu geben. Ich war froh, jetzt erst einmal Pause zu haben.
Aber auch die anderen freuten sich über die Pause. Meine Freundin sagte, dass ihre Arme jetzt richtig wehtaten und es doch ganz schön anstrengend war. Mein Freund und dessen Bruder stimmten ihr zu. Ich fühlte mich nicht ganz so schlapp, da ich ja auch nicht so schnell um die Kurven gerast war und dementsprechend mehr Zeit fürs Lenken hatte.
Ab in die zweite Runde.
Obwohl ich gerne noch ein paar Minuten im Pausenraum sitzen geblieben wäre, wurden wir schon nach kurzer Zeit wieder auf die Rennstrecke zum zweiten Rennen gerufen. Wir fuhren in derselben Konstellation wie zuvor. Wir bekamen unsere Karts zugewiesen und schon befand ich mich wieder mitten auf der Rennstrecke.
Dieses Mal gewöhnte ich mich schnell an mein Kart und gab mehr Gas als zuvor. Ich verzichtete außerdem komplett auf die Bremse. Dies führte allerdings dazu, dass ich zweimal gegen die Bande raste, weil ich die Kurve nicht rechtzeitig bekam. Zum Glück war an dieser ein breites Gummi angebracht, das den Aufprall abfederte. Es tat nicht weh, verbrauchte allerdings viel Zeit.
Obwohl ich schneller war, hatte ich gegen die anderen keine Chance. Sie waren darin einfach geübter als ich und hatten keine Angst vor der Geschwindigkeit. Sie schossen auch dieses Mal immer wieder an mir vorbei. Etwas frustrierend war das schon.
Ich glaube, meine Angst ist meine größte Behinderung.
Während der Rennen habe ich bemerkt, dass mich meine rechtseitige Hemiparese (unvollständige Halbseitenlähmung) in diesem Sport so gut wie gar nicht einschränkte. Es fiel mir relativ leicht, mit dem rechten Fuß Gas zu geben und beidhändig das Kart zu lenken. Was mich jedoch einschränkte, war meine Angst; meine Angst vor zu viel Geschwindigkeit und Kontrollverlust. Wäre sie nicht da gewesen, hätte ich vielleicht sogar ähnlich gut wie die anderen sein können; und das mit Hemiparese!
Und genau deshalb, will ich an meiner Angst arbeiten.
Ich will nicht, dass sie mich mein Leben lang immer wieder ausbremst. Ich will mich ihr stellen und sie überwinden. Daher denke ich, dass das Kartfahren längst nicht die letzte Aktivität sein wird, vor der ich großen Respekt habe und die ich trotzdem ausprobieren werde.
Das Rennen geht zu ende.
Nach 11 Minuten war auch unser zweites Rennen beendet. Wir fuhren wieder ins Ziel und stellten unsere Karts ab. Wir warfen einen Blick auf den Bildschirm neben der Kartbahn. Dort wurden unsere Rundenzeiten angezeigt. Es stellte sich heraus: Ich hatte mich um ganze 10 Sekunden verbessert im Vergleich zur ersten Runde! Ein Erfolg für mich. In der zweiten Runde hatte ich mehr Mut und war schneller unterwegs. Auch die anderen waren sehr zufrieden mit ihren Ergebnissen.
Wir vier tranken noch eine Cola und machten uns dann wieder auf den Weg nach Hause.
Mein Fazit:
Kartfahren ist nicht ganz mein Ding. Es ist mir (zumindest für den Anfang) einfach zu schnell und zu wettbewerbsorientiert. Dadurch, dass ich sehr oft überholt und (besonders in der zweiten Runde) immer wieder gerammt wurde, ist der Spaß am Fahren für mich zu kurz gekommen. Ich musste häufig ausweichen und mir beinahe mehr Gedanken darüber machen, was gerade hinter mir passierte anstatt vor mir.
Daher weiß ich nicht so genau, ob ich ein großer Kartfan werde. Eines weiß ich aber auf jeden Fall: Kartfahren geht auch mit Hemiparese!
Jetzt habe ich beinahe alle Aktivitäten von meiner Kann-Ich-Liste ausprobiert. Ich war schon klettern, Lasertag spielen, Segwayfahren und jetzt Kartfahren. Fehlt nur noch eins: Kanufahren. Und genau das mache ich spätestens in diesem Sommer. Ich bin schon gespannt, wie mir diese Aktivität gefällt.
Warst Du auch schon einmal oder mehrfach Kartfahren? Wie gefiel es Dir? Schreibe gerne einen Kommentar unter diesen Eintrag. Ich freue mich darauf.
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