Dieser kleine Trick kann Angst in Motivation verwandeln!
Wenn Du an den Begriff „Angst“ denkst, was kommt Dir in den Kopf? Woran denkst Du?
Bei vielen ist dieses Gefühl sehr negativ besetzt, wir wollen keine Angst haben. Das Gefühl fühlt sich nicht gut an, es verursacht jede Menge Stress, sorgt ggf. auch dafür, dass wir uns wie gelähmt fühlen oder verkrampfen.
Ängste spielen aber gerade bei Hemiparese, vermutlich auch anderen Handicaps, häufig eine große Rolle.
U.a. auch deshalb, weil man zwischendurch die Erfahrung sammelt, sich nicht auf den eigenen Körper verlassen zu können.
Manchmal auch, weil so ein Schlaganfall einfach alles verändern kann, er einem den Boden unter den Füßen wegzieht und nichts so ist wie vorher. Klar, auch das kann Angst auslösen. Hinzu kommt, dass man sich komplett neu finden muss.
Neben dem Handicap spielt natürlich aber auch die Persönlichkeit eine Rolle. Bin ich eher risikobereit, probiere gerne Neues aus oder bin ich erst einmal vorsichtig, wäge ab, bevor ich mir etwas Neues zutraue?
Unabhängig davon, es gibt Untersuchungen, die nahelegen…
… dass die Wirkung von Angst auch davon abhängt, wie wir sie bezeichnen. Sprich, die Art und Weise, wie wir sie benennen!
Wenn wir Angst als Angst bezeichnen, hat sie den typischen Effekt – Stress wird ausgelöst, die Muskelanspannung nimmt zu, man fühlt sich wie gelähmt oder will ganz schnell weg, man bekommt einen „Tunnelblick“ usw.
Wenn wir Angst aber als Anregung/Erregung bezeichnen und deuten, wirkt sie bereits anders. Klar, die Angst ist immer noch da, der Herzschlag noch genauso schnell wie zuvor. Aber WissenschaftlerInnen fanden heraus, dass sich dadurch der Umgang mit der Angst verändert.
Statt die Angst als Angst wahrzunehmen, wird das, was man spürt, eher als Motivation, als Anschub verstanden.
So ging es zahlreichen Menschen in einer amerikanischen Studie. Man gab den VersuchsteilnehmerInnen die Aufgabe, gleich ein Lied vor einer Gruppe zu singen. Bei vielen löste diese Aufgabe Unsicherheit, Aufregung und Angst aus. Der einen Gruppe gab man den Auftrag, sich selbst zu sagen: „Ich bin ängstlich.“ Die andere Gruppe bat man, sich selbst zu sagen: „Ich bin angeregt.“
Das Ergebnis? Die Gruppe, die sich sagen sollte, „Ich bin angeregt.“ sang signifikant besser als die andere Gruppe. Ein ähnliches Ergebnis zeigte sich in einem Sprachtest sowie in einem Mathetest. Die „angeregte“ Gruppe sprach überzeugender als die andere Gruppe und schnitt bei den Matheaufgaben besser ab.
Das Angstlevel war in beiden Gruppen gleich, auch der Herzschlag, aber das Gefühl wurde unterschiedlich bewertet und wirkte daher anders. Die Menschen, die sich selbst gesagt haben „Ich bin angeregt.“ konnten ihr Gefühl eher als Motivationsschub begreifen und für sich nutzen, statt als lähmende Angst.
Spannend, oder? Falls Du mehr dazu erfahren willst, kann ich Dir das Buch von Dr. Leon Windscheid mit dem Titel „Besser fühlen – Eine Reise zur Gelassenheit“ empfehlen. Dort geht es viel um das Thema Angst (neben anderen Gefühlen) und den Umgang damit.
Insofern: Bei Angst kommt es auf die Bewertung an, die wir ihr geben.
Wir können lockerer mit ihr umgehen, wenn wir sie anders bewerten. Wir können dann sogar bessere Leistungen erzielen! Denn ein Effekt von Angst ist eben auch die Schärfung unserer Wahrnehmung. Wir können uns besser fokussieren und konzentrieren. Sie ist also nicht ausschließlich negativ, sondern im Gegenteil, manchmal auch ziemlich hilfreich.
Es lohnt sich, das mal auszuprobieren. Bei mir funktioniert`s auf jeden Fall in verschiedenen Situationen ziemlich gut – in Vorträgen, beim SUP-Fahren und Klettern.
Ein weiterer spannender Aspekt auf den Leon Windscheid eingeht:
Eine unserer größten Ängste ist die Angst vor der Angst!
Wir wollen dieses Gefühl nicht fühlen. Es ist einengend, kann lähmen und die Leistung beeinträchtigen.
Und deshalb tun wir eben auch einiges, um sie nicht zu spüren. Z.B. uns sorgen. Wenn wir uns Sorgen machen (z.B. „Wie wird mein Leben weiterlaufen?“ „Bin ich ein guter Vater/ eine gute Mutter?“ Werde ich später an Altersarmut sterben?“ usw.), fühlen wir uns vorbereitet. Nach dem Motto „Zumindest habe ich drüber nachgedacht.“
Und so springen wir von einer Sorge zur nächsten. Bevor die Angst richtig zuschlagen kann, wandern wir im Kopf zur nächsten Sorge weiter. So sind wir permanent ein bisschen erregt, statt uns wirklich dem Gefühl der Angst zu stellen – auf Dauer nicht unbedingt gesund.
Daher empfiehlt die Forschung heute immer wieder auch, Angst eben nicht aus dem Weg zu gehen, sondern sich ihr zu stellen, z.B. mittels Konfrontation. Ähnlich wie ich das mit meinen Kann-ich-Projekten mache – Dinge, vor denen ich Angst habe, sie aber dennoch Stück für Stück ausprobiere.
Denn wer die Angst wirklich spürt, sie für den Moment annimmt und durchlebt, erreicht einen Erregungszustand, den der Körper so gar nicht permanent aufrechterhalten kann. Das heißt, wenn ich meine Angst fühle, ebbt sie automatisch irgendwann ab, sie wird kleiner. Einfach weil der Körper gar nicht anders kann.
Daher, falls Du viele Ängste oder auch Sorgen hast, könnte Dir vielleicht ebenfalls eine Kann-ich-Liste helfen, mit der Du Dich Stück für Stück kleineren oder auch größeren Herausforderungen stellst. Vielleicht ja auch zusammen mit einem Freund/einer Freundin, damit Du mit Deiner Angst nicht alleine bist und jemanden hast, der bzw. die auf Dich achtet.
Versuche vorab und währenddessen vielleicht auch mal, Deine Angst eher als Anregung zu deuten und beobachte mal, was sich dadurch bei Dir ändert.
Anmerkung:
Falls Du eine Angststörung haben solltest, sprich am besten vorab mit Deinem Arzt bzw. Deiner ÄrztIn oder Deinem/Deiner TherapeutIn darüber – ob das für Dich sinnvoll ist.
Bei allem, was Du tust, ganz viel Erfolg Dir!
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