Trauer um die Hemiparese
Heute geht`s mal um ein Thema, über das ich bisher nur am Rande gesprochen habe.
Es geht um das Thema Trauer!
Z.B. Trauer, weil man selbst einen Schlaganfall hatte und jetzt ein komplett anderes Leben führen muss. Vom einen auf den anderen Tag hat sich alles verändert.
Ich kann nicht nachfühlen, wie das ist, aber ich weiß von ganz vielen: Das ist verdammt herausfordernd! Trauer, Wut und Verzweiflung sind da, gerade in der ersten Zeit, ganz normal und auch absolut verständlich!
Oder auch Trauer, weil man kein komplett „gesundes“ Kind zur Welt gebracht hat.
Man hatte im Vorfeld so viele Wünsche für das Kind, auf jeden Fall den einen: dass es gesund ist.
Man hat sich vielleicht auch schon ausgemalt, was man alles mit ihm machen und unternehmen wird, dass es glücklich und zufrieden aufwachsen wird.
Und dann kommt alles anders!
Das heißt jetzt nicht, dass ein Kind mit Handicap kein glückliches Leben führen kann, im Gegenteil.
Aber es wird anders und das löst Unsicherheit, Angst und oft auch Trauer aus!
Abschied
Wenn liebe Menschen in unserem Umfeld von uns gehen, wissen wir: Wir sehen diesen Menschen nicht mehr, wir müssen uns von ihm verabschieden.
Ähnlich ist es auch hier:
Wenn man einen Schlaganfall hatte, muss man sich in gewisser Weise auch verabschieden. Und zwar von der Person, die man vor dem Schlaganfall war.
Auch hier: Das heißt jetzt nicht, dass Du nicht ganz viel von dem, was Du früher konntest, wieder lernen kannst. Oft geht mehr als man denkt! Und auch mit Handicap kann das Leben schön werden!
Und dennoch gibt es im Leben nach dem Schlaganfall einiges, das sich verändert hat.
Wenn man ein Kind mit Handicap bekommen hat, steht auch hier ein Abschied an. Und zwar der Abschied von dem Kind, das man sich eigentlich gewünscht hat, ein komplett gesundes Kind. Und das ist nicht leicht!
Oftmals ist man sich auch gar nicht bewusst, dass es sich hierbei um einen Abschied handelt. Das wird bis heute eher selten thematisiert.
Beide Abschiede sind oft verbunden mit einem Trauerprozess, der bei jedem anders ist und unterschiedlich lange andauert. Jeder geht anders mit seinen Gefühlen um.
Was ich ganz wichtig finde:
Wenn man in dieser Trauer ist, dass man sie zulässt. Sie darf da sein!
Es macht keinen Sinn, sie immer wieder wegzuschieben. Sie kommt wieder, beschäftigt einen z.B. vorm Schlafengehen, beim Aufstehen oder immer wieder mitten am Tag.
Hilfreich ist auch, sich gerade in akuten Phasen professionelle Hilfe zu holen; z.B. von einem Psychologen oder einer Psychotherapeutin. Sie sind dafür optimal ausgebildet.
Es hilft, über seine Gefühle und Gedanken zu sprechen; mit Therapeuten, aber auch mit Freunden oder Familienmitgliedern.
Das ist auch das Erste, was ich Dir unbedingt empfehlen will: Sprich über Deine Trauer und was Dich bewegt. Es nimmt nicht den Schmerz, aber es nimmt Druck!
Eine weitere Empfehlung:
Die Verarbeitung von Trauer ist, wie schon oben angeklungen, ein Prozess. Es gibt Phasen, in denen die Trauer quasi eine permanente Begleiterin ist und Phasen, in denen sie weniger vorherrschend ist.
Wenn schon eine gewisse Zeit seit dem Schlaganfall oder auch der Diagnose Deines Kindes vorbei ist und Du merkst, Deine Trauer ist nicht immer da, aber sie beschäftigt Dich dennoch immer wieder und hindert Dich, Deinen Alltag zu gestalten… dann probiere Folgendes aus:
Und diese Empfehlung kommt von Stefanie Stahl, einer bekannten Psychotherapeutin:
Nehme Dir am Tag ein Zeitfenster, in dem Du Dich ganz Deinen Gefühlen widmest, in dem Du Deiner Trauer Raum gibst. Es kann z.B. ein Zeitfenster zwischen 15 und 30 Minuten sein. Ziehe Dich währenddessen vielleicht zurück auf die Couch oder in Dein Bett und lasse Deiner Trauer freien Lauf.
Schreibe nach Möglichkeit auch auf, was Dir währenddessen durch den Kopf geht. Das Aufschreiben hilft Dir dabei, Deine Gedanken und Gefühle zu sortieren. Aber nicht nur das…
Unser Gehirn hat da eine Macke!
Es muss uns permanent an alles erinnern.
Wenn wir jedoch etwas aufschreiben, lässt dieser Effekt nach.
Ähnlich wie im Supermarkt: Gehen wir ohne Einkaufsliste einkaufen, versucht sich unser Gehirn die ganze Zeit über daran zu erinnern, was wir alles brauchen.
Gehen wir mit einem Einkaufszettel in den Laden, kann sich unser Gehirn mehr darauf konzentrieren, wo wir die Lebensmittel finden, die wir brauchen, statt darauf, was wir benötigen.
Stefanie Stahl sagt: Ähnlich ist es auch bei unseren Gefühlen und Gedanken!
Wenn wir aufgeschrieben haben, was wir fühlen und denken, braucht uns unser Gehirn nicht ständig daran zu erinnern. Es ist schon notiert.
Insofern fällt es einem nach diesem Zeitfenster, nach den 15-30 Minuten oftmals leichter, sich auf anderes zu konzentrieren.
Und genau darum geht`s auch!
Versuche Dich nach diesem Zeitfenster mal bewusst auf anderes zu fokussieren; z.B. auf das, was Du gleich noch tun willst, was Du am Wochenende vorhast oder ähnliches.
Wenn Du merkst, Du denkst im Laufe des Tages wieder an Deine Trauer, mache Dir bewusst:
Morgen (beispielseweise um 14 Uhr) konzentriere ich mich wieder auf Dich, Traurigkeit. Jetzt kümmere ich mich um…
Und dann machst Du genau das!
Probiere das Zeitfenster gerne mal aus. Ich wünsche Dir ganz viel Erfolg dabei!
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