Fragen statt Sagen – Warum Fragen in Gesprächen so wichtig sind
Mir ist in letzter Zeit aufgefallen, dass Kommunikation manchmal so richtig schwierig sein kann. Es kommt zu Missverständnissen, man fühlt sich verletzt und fängt schließlich an zu streiten; Und das, obwohl man eigentlich gerade nur ein nettes Gespräch über den heutigen Tag führen wollte.
Die eigene Sicht im Fokus
Mir ist aufgefallen, dass wir oft dazu tendieren, unsere eigene Sicht auf die Welt auf andere zu übertragen und automatisch davon ausgehen, der andere muss doch die gleiche Sicht haben. Häufig ist jedoch genau das der Trugschluss. Der andere denkt anders, sieht anders und bewertet anders.
Ein Beispiel:
Was kommt Dir in den Kopf, wenn Du an Rotwein denkst?
Vielleicht verbindest Du damit Partys, Genuss, schöne Abende oder auch die Toskana. Vielleicht denkst Du aber auch an Deinen letzten Kater am Morgen, Kopfschmerzen und Übelkeit. Oder wieder ganz anders: Dir kommen Sätze in den Kopf wie „Rotwein ist ein Getränk“, „Es ist eine rote Flüssigkeit, die in einem Glas serviert wird.“
Alleine bei diesem Beispiel wird deutlich: Wir assoziieren, denken und bewerten unterschiedlich. Wir entwickeln basierend auf unseren früheren Erfahrungen unser eigenes Weltbild. Deshalb gestaltet sich Kommunikation auch so herausfordernd.
Ein möglicher Ausweg: Fragen stellen!
Okay, klingt jetzt nicht wirklich neu oder überraschend. Schließlich wissen wir alle: Fragen dienen dem Gewinn von Informationen. Trotzdem stellen wir sie relativ selten. Wir fragen:
Wie geht`s Dir?
Wie war Dein Tag?
Oder auch was ist los?
Häufig bleibt es aber genau bei diesen Fragen. Wenn wir beispielsweise fragen: „Was ist los?“ und unser Gesprächspartner schildert uns ein Problem (z.B. „Mein Chef brummt mir zu viel Arbeit auf.“), dann sind wir schnell dabei, gutgemeinte Ratschläge zu verteilen wie:
„Dann sprich doch mit Deinem Chef darüber… Sage ihm…“.
Und nicht selten hören wir dann: „Ja, aber ich kann mit meinem Chef nicht reden, weil…“.
Der andere geht in den Widerstand!
Und genau das kann dazu führen, dass dieses Gespräch in eine Sackgasse führt und der Helfende schließlich frustriert zu dem Schluss kommt: „Der andere will sein Problem gar nicht lösen!“ oder: „Ich wollte doch nur helfen…“
In solchen Fällen können Fragen wirklich eine tolle Alternative zum Ratschlag sein.
Denn es ist einfach noch so viel offen in der Geschichte mit dem Chef:
Was bedeutet zu viel Arbeit für unseren Gesprächspartner?
Wie kam es dazu, dass der Chef ihm die viele Arbeit aufgetragen hat?
Ist das zum ersten Mal passiert? Oder kam das schon häufiger vor?
In welcher Beziehung stehen unser Gesprächspartner und sein Chef zueinander?
Was wünscht er sich von seinem Chef?
Was will unser Gesprächspartner von uns? Will er wirklich einen Rat oder will er sich vielleicht auch nur kurz bei uns „auskotzen“ und sich verstanden fühlen?
Insofern: Fragen helfen dabei, vieles aufzuklären und zu verstehen: Die Sicht des Gesprächspartners, seine Wünsche und sein Ziel innerhalb des Gesprächs.
Aber was passiert eigentlich, wenn wir Fragen stellen?
Unser Gehirn sucht nach einer Antwort. Das Ganze passiert völlig automatisch. Wir können uns gar nicht dagegen wehren. Und so werden wir aktiv. Wir denken nach, wir kommen ins Grübeln.
Coaching lebt von Fragen!
In jeder guten Coaching-Ausbildung lernt man über Wochen und Monate hinweg gezielte Fragetechniken kennen und anwenden. Es ist eines der Hauptinstrumente eines Coachs. Warum?
Weil man durch Fragen einen Zugang zur Gedankenwelt des Klienten bekommt. Du erfährst, was der Klient über sich selbst, sein Umfeld und vor allem über sein Problem denkt und wie es ihm dabei geht. Du bekommst auch Klarheit darüber, was der Klient eigentlich will; welches Ziel er verfolgt. Und nicht nur das: Der Klient erhält gleichzeitig auch Klarheit über sich selbst, weil er sich in dem Moment mit seinem eigenen Denken bewusst auseinandersetzt, es vielleicht auch hinterfragt.
Fragen stellen macht sympathisch!
Inzwischen ist belegt: Wer die richtigen Nachfragen stellt, zeigt ehrliches Interesse an seinem Gegenüber. Er ist bereit, sich wirklich mit der Sicht des anderen zu befassen. Das wirkt sympathisch und fördert die zwischenmenschliche Beziehung. Wir öffnen uns und vertrauen dem anderen mehr an.
Türöffner: Offene Fragen
Offene Fragen beginnen immer mit einem Fragewort (z.B. Wer, wie, was, usw.).
Man erkennt sie daran, dass sie nicht mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden können, sondern, dass sie dazu auffordern, zu einem bestimmten Thema mehr zu sagen. Der Vorteil: Der Gesprächspartner hat viel Spielraum, um zu antworten. Und genau dieser Spielraum ermöglicht es, Einsichten in die Welt des Gesprächspartners zu bekommen.
Lösungen finden durch Fragen?
Ich habe es oben schon erwähnt: Wenn uns eine Person von ihren Problemen erzählt, sind wir schnell dabei, Lösungen für den anderen zu finden à la „Versuchs doch mal so…“. Nicht selten führt das aber dazu, dass unser Gesprächspartner in den Widerstand geht und die jeweilige Lösung durch ein „Ja, aber…“ aushebelt.
Auch hierbei können Fragen Wunder bewirken:
„Was willst Du jetzt tun?“ oder auch
„Wie willst Du`s lösen?“
Durch diese Fragen kommt unser Gegenüber selbst wieder ins Grübeln. Und häufig fällt ihm entweder selbst eine Lösung ein, weil sein Gehirn ja durch die Frage auf die Suche danach geschickt wird. Oder er kommt zu dem Schluss: „Eigentlich will ich mein Problem gerade gar nicht lösen.“, was auch völlig okay ist.
Auf jeden Fall gehen beide Gesprächspartner positiv aus dem Gespräch heraus. Unser Gesprächspartner hat entweder eine Lösung gefunden, befindet sich auf dem Weg dorthin oder er hat für sich erkannt, dass es ihm gerade gar nicht um eine Lösung geht. Und wir kommen nicht in die Bedrängnis, das Problem des anderen lösen zu müssen.
Insofern mein Tipp: Nutze im Alltag mehr Fragen!
So beugst Du gezielt Konflikten vor, Du erfährst mehr über Deine Gesprächspartner und wirkst automatisch sympathischer.
Noch ein Tipp: Stelle mal diese Frage:
Wenn wir ein Gespräch beginnen, fragen wir oft: „Wie geht`s Dir?“ Diese Frage ist uns so vertraut, dass wir meistens gar nicht überlegen und einfach sagen: „Mir geht`s gut.“ oder „Ja, es muss halt.“
Frage stattdessen mal: „Was war Dein schönstes Erlebnis heute?“
Denn diese Frage erwartet niemand! Und schon geht unser Gehirn wieder auf die Reise.
Dann ist der andere ganz automatisch bereits zu Beginn des Gesprächs positiver eingestellt, denn sein Gehirn sucht ja gezielt nach schönen Dingen, die heute passiert sind.
Jetzt habe ich ein paar Fragen an Dich!
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Worüber soll ich mal einen Blogartikel verfassen?
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