Was bist Du – Introvertiert oder extrovertiert?
Hast Du diese Sätze auch schon öfter gehört?
„Die ist mehr introvertiert.“
„Und der ist total extrovertiert?“
Ich kenne diese Sätze aus vielen Unterhaltungen mit Freunden oder Bekannten. Doch was heißt eigentlich genau introvertiert und extrovertiert? Und wo liegt der Unterschied?
Ich habe mich in letzter Zeit viel mit Persönlichkeitsentwicklung befasst. Und genau aus diesem Grund habe ich das Buch „Intro, Extro oder Zentro?“ von Sylvia Löhken gelesen. Heute stelle ich Dir einmal ein paar wichtige Inhalte dieses Buches vor. Vielleicht findest Du ja raus, welcher Typ Du bist: introvertiert oder extrovertiert.
Intro oder extro? – Die Unterschiede liegen im Gehirn!
Die Begriffe introvertiert und extrovertiert wurden vor etwa 100 Jahren vom Psychoanalytiker Carl Gustav Jung geprägt. Doch was bedeuten sie? Introvertiert bedeutet „nach innen gewandt“, extrovertiert „nach außen gewandt“. Während extrovertierte Menschen häufig schneller aus sich herauskommen, viel Kontakt zu anderen suchen, mutig sind und gerne Risiken eingehen, sind introvertierte Menschen vorsichtiger, gehen ungern Risiken ein, sind ruhiger und hören lieber zu, anstatt ständig nur zu reden. Kein Mensch ist nur intro- oder extrovertiert. Laut Sylvia Löhken haben die meisten Menschen immer Eigenschaften von beiden Seiten mit einer Tendenz stärker in die eine oder in die andere Richtung.
Hast Du schon eine Ahnung, ob Du eher intro- oder extrovertiert bist?
Carl Gustav Jung hatte damals noch keine Erklärung dafür, warum Menschen eher das eine oder das andere sind. Heute steht allerdings fest:
Die Unterschiede in der Persönlichkeit sind neurologisch bedingt; also im Gehirn nachweisbar.
Ich stelle Dir drei Unterschiede zwischen Intro- und Extro-Gehirnen vor. So wird erklärbar, warum sich extrovertierte anders verhalten als introvertierte Menschen.
1. Die Hormone sind schuld!
In der Schule hast Du bestimmt schon einmal etwas von ihnen gehört: Neurotransmitter; noch genauer: Dopamin und Acetylcholin. Beides sind wichtige Botenstoffe, die unser vegetatives Nervensystem steuern. Dopamin spielt eine wichtige Rolle bei unserer Motivation. Es sorgt dafür, dass wir bestimmte Dinge wollen und diese anstreben. Es wird ausgeschüttet, damit wir aktiv werden, uns anstrengen und lernen. Acetylcholin hat eher die gegenteilige Funktion: Es hemmt und beruhigt. Außerdem hilft es uns bei der Reflexion wichtiger Gedächtnisinhalte, bei der Konzentration und beim Lernen.
Was hat das Ganze jetzt mit intro- beziehungsweise extrovertierten Menschen zu tun? Ich zeige es Dir:
Introvertierte reagieren stärker als Extrovertierte auf den Botenstoff Dopamin. Sie sind davon schneller überstimuliert und verfügen in der Regel auch über einen geringeren Dopaminspiegel als Extrovertierte. Deshalb benötigen sie häufig mehr Ruhe und eine längere Auszeit als Extrovertierte. Die Nervenbahnen von Introvertierten sind stattdessen stärker von dem Botenstoff Acetylcholin geprägt.
Bei Extrovertierten ist es genau andersherum. Sie haben einen geringeren Acetylcholinspiegel und stattdessen mehr Dopamin in ihren Nervenbahnen. Sie reagieren weniger stark auf diesen Stoff als Introvertierte.
Die Konsequenz: Extrovertierte können Reize, die von außen kommen, leichter verarbeiten als Introvertierte. Während Extrovertierte äußere Reize schnell und einfach wahrnehmen und verarbeiten können, fühlen sich Introvertierte bei vielen äußeren Reizen schnell überfordert und gestresst.
Eine weitere Konsequenz: Extrovertierte erleben mehr hochintensive Emotionen wie Begeisterung als Introvertierte, weil sie einen höheren Dopaminspiegel haben. Außerdem benötigen Introvertierte häufig mehr Zeit, um auf etwas Bestimmtes zu reagieren. Ihr erhöhtes Acetylcholin braucht für die Übermittlung von Sinneseindrücken im Gehirn nämlich mehr Zeit. Extrovertierte Menschen dagegen reagieren oft schneller und gehen aufgrund des höheren Dopaminspiegels mehr Risiken ein.
2. Die lange Leitung von Intros
Diesen Fakt fand ich besonders spannend: Introvertierte Menschen haben eine längere Leitung. Wie das? Die Nervenbahnen introvertierter Personen sind länger als die von extrovertierten. Somit benötigen sie für die Übertragung und Verarbeitung von Informationen mehr Zeit. Ihre Leitungen sind somit tatsächlich länger.
Auch hierbei gibt es wieder eine Konsequenz: Um intensiv an einer Sache zu arbeiten, brauchen Introvertierte mehr Zeit und Ruhe als Extrovertierte. Dann allerdings sind sie konzentriert und kreativ.
3. Die Unterschiede im limbischen System: Der Mandelkern und der Nucleus accumbens
Das limbische System des Menschen sitzt in der Großhirnrinde. Es ist unter anderem an der vegetativen Steuerung beteiligt und spielt auch beim Denken, Erinnern und Fühlen sowie bei der Motivationsentwicklung eine große Rolle. Im limbischen System sitzt unter anderem der Mandelkern (auch bekannt als: Amygdala). Der Mandelkern ist die Vorsichtszentrale des Menschen. Er erkennt und bewertet Situationen und schätzt deren Gefahren ein. Im Falle einer Notsituation setzt er den Körper in Alarmbereitschaft und verbreitet Angst.
Wieder die Frage: Was hat das mit intro- und extrovertierten Persönlichkeiten zu tun? Viel, denn: Der Mandelkern introvertierter Menschen reagiert stärker auf Umweltreize. Introvertierte reagieren deshalb empfindlicher auf ihre Umwelt und schätzen Situationen schneller als riskant oder gefährlich ein als Extrovertierte. Sie sind somit schneller gestresst und gehen ungerne (unkalkulierbare) Risiken ein. Ein Vorteil: Introvertierte sind besonders wach, wenn es um die Verarbeitung äußerer Reize geht. Sie sind gute Beobachterinnen und Beobachter, können gut zuhören und haben ein hohes Einfühlungsvermögen.
Der Mandelkern von extrovertierten Personen reagiert schwächer auf Umweltreize. Sie können deshalb in schwierigen Situationen leichter die Ruhe bewahren und schneller und gelassener reagieren. Insgesamt sind sie weniger störanfällig für äußere Reize.
Dafür ist ein anderer Teil innerhalb des limbischen Systems bei Extrovertierten aktiver: der Nucleus accumbens. Der was? Der Nucleus accumbens ist das Belohnungszentrum des Gehirns. Dort entstehen unsere Glücksgefühle.
Dieser Teil des Gehirns reagiert bei Extrovertierten stärker auf Umweltreize als bei Introvertierten. Extrovertierte nehmen potentielle Belohnungen in ihrer Umwelt stärker wahr und schätzen diese mehr als Introvertierte. Ihnen gefallen Risiken, sie mögen neue Erfahrungen und Überraschungen. Insofern hat das limbische System einen großen Einfluss darauf, ob wir mehr introvertiert oder extrovertiert sind.
Waren Dir diese Unterschiede schon bewusst? Wusstest Du, dass unser Gehirn so einen großen Einfluss auf unsere Persönlichkeit hat?
Mir war das völlig neu. Dank dieses Wissens ist mir nun einiges klar. Unterschiede zwischen Menschen sind jetzt nicht nur aufgrund des Umfelds oder der Vorerfahrungen eines Menschen, sondern jetzt auch biologisch erklärbar. Ich finde das wahnsinnig spannend. Meine Neugier ist geweckt. Ich will noch viel mehr über unser Gehirn wissen! Vielleicht geht es Dir da ähnlich. In diesem Fall kann ich Dir das Buch von Sylvia Löhken nur wärmstens empfehlen. Unten findest Du einen Link dazu. Sie beschreibt viele weitere biologische Unterschiede zwischen introvertierten und extrovertierten Personen.
Zum Schluss will ich Dir gerne noch drei positive Eigenschaften von introvertierten und extrovertierten Menschen vorstellen.
Vielleicht erkennst Du Dich in diesen wider und weißt mehr darüber, welcher Typ Du bist.
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Vorsicht vs. Mut
Introvertierte sind gut darin, Risiken wahrzunehmen und abzuwägen. Extrovertierte dagegen gehen gerne auch mal unkalkulierbare Risiken ein, wenn sie so schneller an ihr Ziel kommen.
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Konzentration vs. Flexibilität
Introvertierten fällt es leicht, sich auf eine Sache zu konzentrieren und an ihr dranzubleiben bis sie fertig ist. Extrovertierte können sich gut an Situationen und Gegebenheiten anpassen und sich schnell auf Neues und Unvorhergesehenes einlassen.
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Zuhören vs. Darstellen
Introvertierte können anderen gut zuhören, wichtige Informationen herausfiltern und daraus Schlüsse ziehen. Extrovertierte sind gut darin, anderen Menschen Informationen überzeugend zu vermitteln.
Na, schon eine Ahnung, was Du bist?
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